Pressemitteilung Nr. 188 / 1995 vom 08.12.1995

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GRUBE MESSEL IST WELTKULTURERBE DER MENSCHHEIT

Staatsministerin Hohmann-Dennhardt begrüßt Eintragung der Fossilienfundstätte in die World Heritage List der UNESCO



DARMSTADT/WIESBADEN - "Nicht nur für Hessen, sondern für ganz Deutschland
ist die Aufnahme der Grube Messel in die Weltkulturerbeliste ein Höhepunkt und ein
Ansporn für alle Bemühungen um den Erhalt und den Schutz paläontologischer
Naturdenkmäler." Dies betonte die Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst,
Dr. Christine Hohmann-Dennhardt, am Freitag während einer Pressekonferenz im
Landesmuseum Darmstadt. Anlaß war der Beschluß des Weltkulturerbe-Komitees
der UNESCO in Berlin, die Fossilienfundstätte Messel in die Liste des Kulturerbes
der Menschheit (World Heritage List) aufzunehmen. "Besonders stolz", erklärte die
Ministerin, "sind wir natürlich, daß es nach dem Kloster Lorsch vor zwei Jahren nun
ein weiteres hessisches Kulturdenkmal in der Weltkulturerbeliste gibt."

Mit der positiven UNESCO-Entscheidung werden nach den Worten von Hessens
Wissenschaftsministerin die Anstrengungen des Landes Hessen um die Bewahrung
seiner reichen Kultur- und Naturgeschichte auf internationaler Ebene anerkannt.
Geehrt würden aber auch all diejenigen, die sich über lange Zeit hin unverdrossen
dafür eingesetzt haben, das wissenschaftlich weltweit bedeutende Denkmal
zukünftigen Generationen zu erhalten. Wie ernst es der Landesregierung schon seit
Jahren mit der Fossilienfundstätte Messel sei, beweise auch ihr finanzielles
Engagement, sagte die Ministerin. Seit 1991 habe das Land insgesamt mehr als 40
Millionen Mark in die Fossilienfundstätte Messel investiert. Mit der Eintragung in die
Weltkulturerbeliste, so die Ministerin weiter, wird das Land den Vorschriften des
"Ãœbereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt" vom 16.
November 1972 uneingeschränkt nachkommen. Das Übereinkommen verpflichtet die
Völkergemeinschaft, die in der Liste enthaltenen Kulturdenkmäler jenseits aller
Nationalgrenzen zu schützen und zu deren Erhaltung beizutragen.

Messel, so die Ministerin, sei ein gutes Beispiel für Bürgersinn und eine gelebte
Demokratie, in der sich Bürger für die Interessen der Gesamtheit engagierten. Das
Engagement der Bürger habe schließlich auf staatlicher Seite das
Problembewußtsein geschärft.

In dieser Woche hat das Welterbekomitee der UNESCO, der UN-Sonderorganisation
zur Pflege von Erziehung, Wissenschaft und Kultur, in Deutschland getagt. Im
Berliner Haus der Kulturen der Welt hatten sich die Delegierten zur Aufnahme der
Grube Messel ins Weltkulturerbe der Menschheit entschieden. Besondere
Bedeutung gewinnt dieser Akt durch die Tatsache, daß sich unter den bisherigen
rund 440 Denkmälern auf der Liste in 95 Staaten der Welt nur rund 95
Naturdenkmäler befinden. Die Grube Messel ist darin nun gemeinsam vertreten mit
der Serengeti, dem Yellowstone Nationalpark und den Galapagos-Inseln.
Gleichzeitig ist die Grube Messel innerhalb der Naturdenkmäler nach dem
Dinosaur-Park in USA und der Lagerstätte Riversleigh in Australien die dritte
Fossilienfundstätte dieser Welterbeliste.

Die Grube Messel gilt als herausragendes Zeugnis eines wichtigen Abschnittes der
Evolutionsgeschichte. Kein anderes Naturdenkmal, das die explosionsartige
Entwicklung neuer Lebensformen, insbesondere der Säugetiere, vor 50 Millionen
Jahren bezeugt, weist eine solche Qualität und einen solchen Reichtum der Funde
auf wie die Fossilienlagerstätte Messel. Die Fundstücke dokumentieren die
Entwicklung der Säugetiere zur herausragenden Lebensform auf der Erde.
Außerdem wurden Krokodile, Schlangen, Schildkröten, Insekten, Fische und
Pflanzenreste gefunden.

Besonderes Interesse, so Wissenschaftsministerin Hohmann-Dennhardt, habe die
Landesregierung auch daran, daß das neue Weltkulturerbe Grube Messel einer
breiten, interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werde. Das sei bereits in
den vergangenen Jahren in eingeschränktem Umfang möglich gewesen.

Zur Zeit würden eine Reihe von Informationsmaterialien vorbereitet, die auf den
Wert der Fundstätte hinweisen und für einen Besuch werben sollen. "Der öffentliche
Zugang zu diesem außerordentlichen Kulturdenkmal wird aber in Zukunft ebenfalls
verbessert werden", betonte die Ministerin. Eine Aussichtsplattform werde errichtet,
die es allen Interessierten möglich mache, die sich ansonsten die nur für
Wissenschaftler offene Fundstätte im Überblick anzusehen.

Die Pracht der gefundenen Fossilien sei für interessierte Bürgerinnen und Bürger
allerdings leichter und besser in den umliegenden Museen zu besichtigen, also im
Frankfurter Senckenbergmuseum, im Heimatmuseum Messel und schließlich im
Hessischen Landesmuseum in Darmstadt. Dort wurde erst kürzlich eine neue
Abteilung eröffnet, in der die Funde der Grube Messel einen wichtigen Teil bilden.
"Wer etwas von der Bedeutung der Grube Messel erahnen will, sollte sich also die
wissenschaftlich präparierten und hervorragend präsentierten Fundstücke in den
Museen anschauen, um dann beim Blick von der Aussichtsplattform einen Eindruck
von der Fundstelle selbst zu bekommen," erläuterte die Ministerin.

Rückblick - was bisher geschah

Im August 1991 wurde die paläontologische Fundstätte bei Darmstadt in die
Landesdenkmalliste eingetragen. Im Oktober kaufte das Land für fünf Millionen Mark
die Grube. Die vorausgehenden Aufwendungen des Zweckverbandes
Abfallverwertung Südhessen (ZAS) wurden vom Land mit rund 27 Millionen Mark
abgegolten.

Im Juni 1992 schlossen die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft und
das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst einen Vertrag, der den
Betrieb der Fossilienfundstätte, die Koordination der paläontologischen Grabungen
sowie die Dokumentation der Grabungs- und Forschungsergebnisse regelt. Dieses
Vertragswerk dient nicht nur dem Zweck, die Fundstätte für die paläontologische
Forschung zu sichern. Es wird gleichzeitig gewährleistet, daß das Naturdenkmal und
das dort befindliche Biotop auf Dauer unter Schutz gestellt werden. "Mit dem
Bundesforschungsministerium haben wir bereits 1992 Einvernehmen darüber erzielt,
daß der Bund die Hälfte der beim Forschungsinstitut Senckenberg anfallenden
Betriebskosten übernimmt - immerhin drei Millionen Mark jährlich", erläuterte die
Ministerin.

Die "Interessengemeinschaft zur Erhaltung der Fossilienfundstätte Grube Messel
e.V.", der Zusammenschluß aller Initiativen, die über viele Jahre gegen eine
'Müllgrube Messel' gekämpft haben, und das Wissenschaftsministerium haben im
Dezember 1992 ebenfalls einen Vertrag geschlossen, mit dem für die Grube Messel
ein Kulturbeirat eingerichtet wurde. "In diesem Beirat werden alle Fragen
besprochen, die nicht direkt die paläontologische Forschung in der ehemaligen
Ölschiefergrube betreffen", erklärte Staatsministerin Hohmann-Dennhardt die
Abmachung. Da sich der seit rund 20 Jahren stillgelegte Tagebau in der
Zwischenzeit zu einem wertvollen Biotop entwickelt habe, müßten auch dessen
Schutzansprüche berücksichtigt werden. Bei den dafür notwendigen Sicherungs-
und Unterhaltungsarbeiten hätten die in der Interessengemeinschaft
zusammengeschlossenen Verbände und Vereine vertraglich gesicherte
Mitsprache- und Anhörungsrechte. Der Kulturbeirat konstituierte sich im März 1993.
Die Ministerin dankte noch einmal ausdrücklich allen, die mit ihrem Einsatz
schließlich die Aufnahme der Grube Messel ins Weltkulturerbe der Menschheit
ermöglicht haben.

Die Grube Messel-Verwaltungsgesellschaft m.b.H.

Die Gesellschaft ist auf absehbare Zeit der letzte Stein zum Gebäude aus Verträgen
und Beteiligungen, mit dem das Kulturdenkmal auf Dauer bewahrt werden soll. Es
handelt sich um eine Kapitalgesellschaft mit einem Stammkapital von 50.000 Mark.
Sie erhält außerdem jährlich 50.000 Mark aus dem Landeshaushalt für ihre
Aktivitäten. Die GmbH ist als gemeinnützig anerkannt. Alle Aufgaben und
Befugnisse, die dem Land Hessen aus Eigentum und Besitz der Grube Messel
zustehen, sind auf die Gesellschaft übertragen worden, dazu gehören auch die
Kontroll- und Zustimmungsbefugnisse gegenüber den wissenschaftlichen und
kulturellen Institutionen. Sie beteiligt sich u.a. an öffentlich rechtlichen
Genehmigungsverfahren, die für die paläontologische Nutzung und Gefahrenabwehr
der Grube Messel und ihrer Umgebung anfallen. Letztlich hat die Gesellschaft auch
die Wahrung und Verwaltung aller Aufgaben übernommen, die aus der
Denkmaleigenschaft, dem kulturellen Erbe und der Präsentation der Grube Messel in
der Öffentlichkeit erforderlich sind.

Aktivitäten in der Grube

Das Forschungsinstitut Senckenberg führt mit sechs bis acht Wissenschaftlern und
Hilfskräften paläontologische Ausgrabungen in der Messeler Grube durch. Ebenfalls
paläontologisch tätig ist das Landesmuseum Darmstadt. Der Museumsverein Messel
veranstaltet regelmäßig wissenschaftliche Führungen für Besucher. Unter Aufsicht
des Forschungsinstituts Senckenberg ist es in Zusammenarbeit mit dem
Museumsverein Messel für Laien auch möglich, an einer Grabung teilzunehmen.
Zur Zeit bereitet das Land zusammen mit dem Forschungsinstitut Senckenberg und
der Interessengemeinschaft zur Erhaltung der Fossilienfundstätte Grube Messel e.V.
die Errichtung einer Besucherplattform am Rande der Grube vor. Dafür stehen aus
Landesmitteln 210.000 Mark zur Verfügung. Hinzukommen neben rund 70.000 Mark
sonstiger Drittmittel noch 60.000 Mark, die die Interessengemeinschaft bereitstellt.

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