Pressemitteilung Nr. 86 / 1996 vom 11.09.1996

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HESSISCHE HOCHSCHULSTRUKTURREFORM GEHT IN DIE NÄCHSTE RUNDE

Wissenschaftsministerin Hohmann-Dennhardt stellt Eckpunkte zur Modernisierung und Demokratisierung der Hochschulen vor/ Motto: Studium hat Zukunft



WIESBADEN - Die Eckpunkte einer Hochschulstrukturreform hat die Hessische
Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Dr. Christine Hohmann-Dennhardt, heute in
Wiesbaden vorgestellt. "Die Reform wird sich auf fünf Schwerpunkte konzentrieren,"
erklärte die Ministerin. "Meine Vorschläge fußen auf den Erfahrungen und
Veränderungen in den hessischen Universitäten seit der Verabschiedung des
hessischen Universitätsgesetzes in den siebziger Jahren. Gleichzeitig spiegeln sie
die veränderten gesellschaftlichen Anforderungen an eine moderne Hochschule
und deren qualifizierte Absolventen."
Die Notwendigkeit, die bestehenden Hochschulstrukturen auch im Detail zu
reformieren, sei unumstritten", betonte Wissenschaftsministerin Hohmann-Dennhardt.
"Viele Ideen sind in den letzten Monaten in einem intensiven Diskussionsprozeß
entwickelt und erörtert worden. Wir werden konzentriert daran arbeiten, unsere
Vorstellungen, die in diesen Eckpunkten zur Hochschulstrukturreform
zusammengefaßt sind, so schnell wie möglich umzusetzen. Denn: Studium hat
Zukunft!"
Es gelte, die Universitäten den modernen Bedingungen anzupassen, damit diese
ihren Beitrag zur Sicherung des Wissenschaftsstandorts Hessen leisten könnten,
faßte Hohmann-Dennhardt ihre Zielsetzung zusammen. "Sie müssen effizient und
kostengünstig arbeiten, dabei unbedingt gleichzeitig die hohe Qualität in der
Forschung weiter gewährleisten und in der Lehre verbessern."
Im Studium der Zukunft soll das Studienangebot für die Studierenden besser
überschaubar und strukturiert sein. Ihre Betreuung muß intensiv und
ergebnisorientiert sein. Der Lebenszeitprofessor soll nicht länger die Regel sein,
Zeit- und Angestelltenverträge werden angestrebt. Die Habilitation als
Einbahnstraße zum Professorenberuf hat keine Berechtigung mehr. Die zentralen
Leitungsgremien der Universitäten werden in Anzahl und Umfang verkleinert. Die
Teilhabe der Studierenden an der universitären Selbstverwaltung wird verbessert.
Fachbereiche sollen sich zu arbeitsfähigeren Einheiten zusammenschließen.
Schließlich, als fünfter Schwerpunkt, soll die Durchlässigkeit zwischen
Fachhochschulen und Universitäten erhöht werden.
Für ein Studium mit Zukunft sei es erforderlich, fuhr Hohmann-Dennhardt fort, die
Studiengänge klarer zu strukturieren und von überflüssigen Angeboten zu befreien.
Die Fachbereiche und die Hochschulen erhielten dafür im Rahmen konkreter
Vorgaben durch das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst die
Verantwortung übertragen. Die Funktion von Mentoren für Studierendengruppen
werde neu eingeführt. Speziell in der Studieneingangsphase sollen die Studierenden
in Zukunft intensiv betreut und beraten werden. In allen Studiengängen werde der
Abschluß des Grundstudiums durch ein Zertifikat dokumentiert. Zusätzlich müssten
alle Studierenden den Nachweis von Grundkenntnissen in Englisch und EDV
erbringen.
Alle Studiengänge und Fachbereiche müssen sich in Zukunft einer regelmässigen
und obligatorischen Lehrevaluation unterziehen. Dazu gehört eine Eigenbeurteilung
durch die Fachbereiche selbst, an der die Studierenden wesentlich beteiligt sein
müssen. Mit einer erweiterten Haushaltsautonomie, die den Hochschulen in Zukunft
zugewiesen wird, soll dazu beigetragen werden, die Selbstorganisation von
Forschung und Lehre effizienter und flexibler zu gestalten.
"Wenn die hessischen Hochschulen auch in Zukunft ihrer Aufgabe gerecht werden
wollen, dann müssen sie inhaltlich wie organisatorisch ein Teilzeitstudium
gewährleisten," erklärte Hohmann-Dennhardt weiter. "Dies ist mir außerordentlich
wichtig. Die Konsequenzen dafür sind allerdings umfassend: Wir müssen das
Immatrikulationsrecht ändern und die Regelstudienzeiten neu festlegen."
Bibliotheken, Labors und Rechenzentren müssten länger offengehalten und Lehren
und Lernen über das Netz verstärkt werden. "Für die Professorenschaft und den
wissenschaftlichen Nachwuchs wird sich einiges verändern," betonte
Hohmann-Dennhardt. So sollen zukünftig Professoren verpflichtet werden, an
mehreren Hochschulen zu lehren. Zusagen über Ausstattung eines Lehrstuhls, die
bei Berufungsverhandlungen gegeben werden, würden künftig nur noch befristet
und danach aufgrund zu definierender Leistungskriterien neu festgelegt. "Außerdem
wird Hessen eine Bundesratsinitiative starten, um zukünftig leistungsorientierte
Besoldung von Professoren zu ermöglichen," kündigte die Ministerin an. "Auch hier
wird die Qualifikation in der Lehre sicherlich zentrale Wichtigkeit einnehmen."
Die bisherigen C 2-Professuren würden abgeschafft und in befristete Stellen für den
wissenschaftlichen Nachwuchs umgewandelt werden. Mit Hilfe von sogenannten
Eckprofessuren strebe man an, die Zahl der Professuren insgesamt zu begrenzen.
Die Nachwuchsausbildung nach Beendigung der Promotion werde gesetzlich
geregelt und damit für den Einzelnen durchschaubarer.
"Die Habilitation, bisher eine Einbahnstraße zum Professorenberuf, hat keine
alleinige Berechtigung mehr," führte Ministerin Hohmann-Dennhardt weiter aus. "In
Zukunft können auch andere, vergleichbare Leistungen in Forschung und Lehre an
ihre Stelle treten. Ein wesentliches Kriterium bei der Auswahl wird die
auszuweisende Befähigung zur Lehre sein."
Wesentlicher Bestandteil der anstehenden Reform sei die Verschlankung der
universitären Leitungs- und Verwaltungsstrukturen. Die Zahl der ständigen
Ausschüsse werde reduziert. Parallel dazu gelte es, die Mitbestimmungsrechte von
Studierenden und Mittelbau in den Selbstverwaltungsgremien zu verbessern. Die
Arbeit der Fachbereiche solle ebenfalls professionalisiert werden.
"So wird die Arbeit der Hochschule effektiver", erläuterte Hohmann-Dennhardt.
"Gleichzeitig erhält insbesondere die Studentenschaft ein größeres
Mitbestimmungsrecht, vor allem im Zusammenhang von Studium und Lehre. "Im
Rahmen einer neu zu schaffenden Experimentierklausel wird der Universität
gleichzeitig die Möglichkeit gegeben, die hochschulinternen Entscheidungsorgane
und -abläufe nach den eigenen Notwendigkeiten zu gestalten," hob
Wissenschaftsministerin Hohmann-Dennhardt hervor.
Die bisherige große Zahl der Fachbereiche werde verringert, in dem in Zukunft eine
Mindestgröße festgelegt werde. Gleichzeitig solle die erforderliche
Verwaltungsausstattung verbessert werden. Für notwendige wissenschaftliche
Untereinheiten (Institute, Zentren und Seminare) würden Mindeststandards
vorgegeben. "Besonders wichtig ist mir außerdem, daß die Ausschüsse für Studium
und Lehre unter stärkerer Beteiligung der Studierenden eine klare Verantwortung für
die Durchführung von Studiengängen haben werden," erklärte Christine
Hohmann-Dennhardt.
Die intensivere Kooperation der verschiedenen Hochschultypen ist Gegenstand des
fünften Eckpunkts der Hochschulstrukturreform in Hessen. "Hierbei ist mir wichtig,
daß die Durchlässigkeit zwischen Fachhochschulen und Universitäten
beziehungsweise Technischer Hochschule klar und für den Einzelnen flexibler
geregelt wird," betonte Wissenschaftsministerin Hohmann-Dennhardt. "Dazu gehört
die wissenschaftliche Weiterqualifikation von Fachhochschulabsolventen mit einer
Promotion an einer Universität sowie die gesetzliche Regelung des Übergangs von
der Fachhochschule zur Universität." Insgesamt solle die Zusammenarbeit der
Hochschulen zur besseren Nutzung von Einrichtungen sowie zur Stärkung der
Zentralbibliotheken verbessert und gesetzlich präzisiert werden. "Auf der Grundlage
regionalisierter Budgets wird es möglich werden, die Zusammenarbeit der
Hochschulen in den jeweiligen Hochschulregionen zu intensivieren," hob die
Wissenschaftsministerin hervor. Schließlich soll neben dem berufsbegleitenden
Studium an Fachhochschulen das sogenannte Duale System, also die Kooperation
von Hochschule und Betrieb, gesetzlich verankert werden.

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