Pressemitteilung Nr. 80 / 1997 vom 18.07.1997

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MODELLVERSUCH ZUR ZUSAMMENARBEIT VON MUSIKSCHULEN UND ALLGEMEINBILDENDEN SCHULEN AUF GUTEM WEGE

Wissenschaftsministerin Hohmann-Dennhardt und Kultusminister Holzapfel informieren sich vor Ort

Hünstetten/Wiesbaden - Eine erste Zwischenbilanz haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Modellversuchs „Kooperation von Musikschulen und Allgemeinbildenden Schulen“ gezogen, der federführend vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst gemeinsam mit dem Hessischen Kultusministerium durchgeführt wird. Ziel des Modellversuchs ist es , die Kompetenzen von Lehrkräften beider Institutionen zusammenzuführen, um möglichst vielen Kindern und Jugendlichen den Zugang zum eigenen aktiven Musizieren zu eröffnen. Erste Erfahrungen zeigen auch, daß die gemeinsame Arbeit von Musikschul- und Musiklehrerinnen und -lehrern geeignet ist, das didaktisch-methodische und fachliche Repertoire beider Seiten zu erweitern. Die Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Dr. Christine Hohmann-Dennhardt, und der Hessische Kultusminister, Hartmut Holzapfel informierten sich anläßlich eines Arbeitstreffens in Hünstetten (Rheingau-Taunuskreis) über Möglichkeiten und Probleme dieser neuen Form von Zusammenarbeit.

Der Modellversuch, der im Auftrag der Bund-Länder-Kommission (BLK) organisiert und zu gleichen Teilen vom Bund und Land Hessen finanziert wird, hat bereits nach einem Jahr erste wesentliche Erkenntnisse erbracht. „Unser Ziel ist es, über einen engen Austausch von Erfahrungen sowie der Entwicklung spezieller Konzepte und Methoden unter Einbeziehung der Musikschulen insbesondere Kindern und Jugendlichen aus sozial benachteiligten Schichten Musik näher zu bringen“, erklärte die Hessische Wissenschaftsministerin Hohmann-Dennhardt die Intention des Versuchs. „Während einerseits mit Hilfe der Musikschullehrkräfte die musikpraktischen Anteile auch im Pflichtunterricht der Schulen verstärkt werden können, haben andererseits die Musikschulen die Möglichkeit, auch solche Kinder und Jugendlichen zu erreichen, die aufgrund ihrer Herkunft nicht ohne weiteres den Weg in die Musikschule finden würden.“

Kultusminister Holzapfel betonte: „Es hat sich sehr schnell gezeigt, daß die Musikschullehrerinnen und Musikschullehrer bei ihrer neuen Arbeit an den allgemeinbildenden Schulen auf ganz andere musikpädagogische Anforderungen reagieren müssen, als dies bisher von ihnen gefordert war.“ Denn im Unterschied zu den Musikschulen, an denen eher kleine Gruppen und einzelne Schülerinnen und Schüler unterrichtet werden, stehen die Musikschulpädagoginnen und -pädagogen an den allgemeinbildenden Schulen großen Gruppen gegenüber, deren Schülerinnen und Schüler ganz unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen. „Musikpädagogische Fortbildungen sollen dafür sorgen, daß Lehrkräfte beider Institutionen auf pädagogischer, didaktisch-methodischer und fachlicher Ebene ein gemeinsames Konzept entwickeln,“ kündigte Holzapfel an. Unterstützt und evaluiert wird der Modellversuch durch eine an der Mannheimer Hochschule für Musik und Darstellende Kunst angesiedelte wissenschaftliche Begleitung.

Die Auswahl der Modellversuchsstandorte Hünstetten, Limburg, Viernheim und Baunatal erfolgte vor allem mit Blick auf Schulen, deren Schülerinnen und Schüler zu Hause kulturell wenig Anregung erfahren und deren Alltag durch soziale Spannungen und finanzielle Unsicherheit bestimmt wird. Dafür wurden sogenannte Tandems gebildet, in dem jeweils gleichberechtigt die Musikschule und die allgemeinbildende Schule vor Ort zusammen arbeiten.

Als Teil des Modellversuchs wurde eine erste empirische Untersuchung unter den Schülerinnen und Schülern der am Modellversuch beteiligten Schulen und Musikschulen durchgeführt. Hierbei zeigte sich zur Überraschung der beteiligten Einrichtungen, daß ein Interesse am Musizieren völlig unabhängig vom sozialen Umfeld besteht. Das Angebot, ein Instrument erlernen zu können, stieß auf große Gegenliebe: Fast 70 Prozent der Modellversuchsschülerinnnen und -schüler erlernen zum ersten Mal ein Instrument. Über 50 Prozent der Kinder kommen aus Familien, in denen bisher überhaupt kein Instrument gespielt wurde.

Bemerkenswert ist die Haltung der befragten Eltern gegenüber einer Mitarbeit ihrer Kinder an einer Musikschule. Obwohl 42 Prozent der Eltern angeben, ihr Kind nicht an einer Musikschule anmelden zu wollen, erklären sich immerhin 68 Prozent der Eltern bereit, sowohl Gebühren für den Instrumentalunterricht zahlen oder gar ein Instrument kaufen zu wollen.

Der -so Minister Holzapfel- im Modellversuch erprobte „Ernstfall einer Öffnung von Schule“, der die Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten nicht nur bei freiwilligen Angeboten, sondern auch im Pflichtunterricht vorsieht, wirft eine Reihe von Fragen auf schulrechtlicher, organisatorischer und finanzieller Ebene auf, die mit den beteiligten Lehrkräften erörtert werden sollen .Ob und in welcher Form die im Modellversuch erprobte Kooperation einmal zur Regel werden kann, muß mit Blick auf die Versuchsergebnisse und den entstehenden Aufwand nach Abschluß des Modellversuchs 1999 entschieden werden.

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