Pressemitteilung Nr. 31 / 1999 vom 07.05.1999

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RUTH WAGNER: EIN DENKMAL, DAS WETZLAR WELTBERÃœHMT GEMACHT HAT

Hessens Ministerin für Wissenschaft und Kunst eröffnete das frisch renovierte Lotte-Haus

Wetzlar/Wiesbaden - "Ein Denkmal, das Wetzlar in die Weltliteratur gebracht hat", eröffnete Ruth Wagner, Hessens Ministerin für Wissenschaft und Kunst, am Samstag nach Abschluß der grundlegenden Renovierungsarbeiten. Hier wohnte Charlotte Buff, in die sich der junge Goethe während seines juristischen Praktikums in der mittelhessischen Stadt heftig verliebt hatte und die er in seinem wenig später verfaßten Roman "Die Leiden des jungen Werthers" unsterblich machte.

Goethes mit allem Schwung seiner 24 Jahre verfasstes Werk hatte sich als genialer Wurf erwiesen, das die Empfindungen einer ganzen Generation traf und ein regelrechtes Werther-Fieber auslöste. Ruth Wagner: "Goethe deckte zentrale Befindlichkeiten seiner Zeit auf und gestaltete sie literarisch. Das erscheint heute als eigentliche Ursache für die ungeheure Wirkung des Romans, die den Autor selbst verblüffte. Kein anderes Werk des Dichters sollte je wieder solche Wirkung haben.

"Bei der Verwendung der biografischen Fakten sei Goethe nicht gerade diskret vorgegangen und habe auf die Empfindungen der handelnden und zum großen Teil realen Personen wenig Rücksicht genommen. Allerdings seien diese damit ebenso wie das Haus und die Stadt zu literarischer Berühmtheit gelangt. "Wir haben uns hier zusammengefunden", so die Ministerin, "um ein dingliches Zeugnis der damaligen Zeit, das eng mit dem großen literarischen Werk verbunden ist, neu renoviert seiner Bestimmung zu übergeben. Das ist schon deshalb angemessen, weil damit nicht nur Goethe, sondern auch Lotte ihr Denkmal hat. Sie hat es verdient, denn sie war Ursache der Dichtung, sie hat es auch verdient, wenn man betrachtet, wie Goethe sie behandelt hat."
Adam Heinrich Buff, Charlottes Vater, Verwalter der Deutschordensgüter in Wetzlar, hatte 1750 das Gebäude um einen drei Fenster-Achsen umfassenden Anbau ergänzt und in dessen erstem Stockwerk einen repräsentativen Wohnraum, das "Staatszimmer", geschaffen. Das Zimmer war ganz nach antiken Motiven gestaltet, wie sie der Klassizmus kannte, die damals vorherrschende Stilrichtung, die bald danach von der Romantik abgelöst wurde, nicht zuletzt unter Einfluß des "Werthers". Für das Haus und die Familie Buff brachte die "Franzosenzeit" einschneidende Veränderungen. Französische Soldaten quartierten sich ein, und 1809 löste sich der Deutsche Orden unter dem Druck Napoleons auf. Damit endete die Tätigkeit der Ordensamtmänner in Wetzlar nach mehr als 700 Jahren. Familie Buff verließ wenige Jahre später das Gebäude, das an die Stadt Wetzlar fiel. In der Folgezeit diente es wechselnden schulischen und karikativen Zwecken.

Seit 1863 wird in diesem Haus das Andenken an Charlotte gepflegt. Zunächst richteten Wetzlarer Bürger mit Unterstützung der damals noch lebenden Kinder Charlottes und ihres Mannes Johann Christian Kestner im straßenseitig gelegenen "Staatszimmer" einen Gedenkraum ein. Fortgesetzte Sammlertätigkeit emöglicht es, später weitere Räume mit Erinnerungsstücken und zeitgenössischer Ausstattung zu versehen. 1922 schließlich wurde das gesamte Haus Museum.

Die Ministerin wies darauf hin, daß die hohen Besucherzahlen, die das Haus im Laufe von mehr als 130 Jahren zu verzeichnen hatte, ein erhebliches Interesse am sinnlich faßbaren historischen Kulturdenkmal belegen. Ruth Wagner: "Menschen geben sich nicht mit dem literarischen Denkmal zufrieden. Sie verlangen vielmehr nach dinglichen Zeugen der Vergangenheit, eben jenen Gegenständen, die anzusehen und anzufassen sind, die das Abstrakte überhaupt erst versinnlichen. Genau das ist die Bestimmung eines Kulturdenkmals, nämlich Zeugnis von menschlicher Geschichte und Entwicklung abzulegen.

Das große Interesse der Öffentlichkeit und das umfangreiche ehrenamtliche Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger in entsprechenden Vereinen und Museen belege die Bedeutung der Denkmalpflege. Ruth Wagner bekräftigte bei dieser Gelegenheit ihre Absicht, als neu ins Amt gekommene Ministerin gerade auch die Denkmalpflege nach besten Kräften zu fördern und zu unterstützen. Kultur und damit auch Denkmalpflege sei auch ein starker wirtschaftlicher Standortfaktor. Die Hessische Landesregierung habe die Förderung der Kultur fest in ihrer Koalitionsvereinbarung vereinbart. Sie stütze sich dabei auf den Artikel 62 der Hessischen Verfassung: 'Die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und Kultur sowie die Landschaft genießen den Schutz und die Pflege des Staates und der Gemeinden.' Ruth Wagner: "Das Haus, zu dessen Wiedereröffnung wir uns heute versammelt haben, ist sichtbarer Ausdruck dieses Auftrags!










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