Pressemitteilung Nr. 130 / 1999 vom 03.12.1999

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KONDENSAT EINES GELEBTEN WIDERSTANDS

Erich Loest las im Ministerium für Wissenschaft und Kunst aus seinem Roman "Nikolaikirche"

Wiesbaden - Zur Lesung seines Romans "Nikolaikirche" hat die Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Ruth Wagner, den Leipziger Schriftsteller Erich Loest und alle Besucherinnen und Besucher am Sonntagmorgen in ihrem Ministerium herzlich willkommen geheißen. "Ich freue mich", so die Ministerin, "daß der vielgefragte Erich Loest sich kurzfristig entschließen konnte, hier zu lesen, und ich empfinde es als große Ehre, ihn im ausgehenden zehnten Jahr nach der Wende begrüßen zu können."

Schreiben, so die Ministerin weiter, habe in der DDR sehr viel mit persönlichem Mut zu tun gehabt, und Erich Loest und seine Familie hätten die Wirkungsmacht seiner Bücher am eigenen Leib zu spüren bekommen. Ruth Wagner: "Dem persönlichen Mut zahlloser Bürgerinnen und Bürger der ehemaligen DDR verdanken wir, was "wir im Westen" kaum noch zu hoffen wagten: die Einheit in Demokratie und Freiheit. Wir haben diesen Menschen also viel zu verdanken. Daran zehn Jahre nach der Wende zu erinnern, ist mir sehr wichtig - gerade angesichts mancher mißvergnügter Grummelei. Und wie könnte man besser daran erinnern, als mit Erich Loests Roman "Nikolaikirche", der allen engagierten Bürgerinnen und Bürgern ein Denkmal setzt? Den Widerstand leben, dies wird im Roman nachvollziehbar, nacherlebbar, denn er thematisiert, daß der Riß, der die DDR schließlich bersten ließ, häufig durch die Familien ging."

Erich Loest kenne seinen Stoff sehr genau. 1926 in Mittweida in Sachsen geboren, habe er als Jugendlicher noch am Krieg teilnehmen müssen. Die Wiederkehr des Grauens zu verhindern, sei ihm danach nur auf dem Weg des Sozialismus möglich erschienen. Er sei in die SED eingetreten und Journalist geworden. Sein 1950 erschienener erster Roman habe aber schlagartig alles verändert: Er sei aus der SED ausgeschlossen und gemeinsam mit seiner Frau verhaftet worden - wegen demokratischer Umtriebe, die das Ehepaar Loest sieben Jahre lang im Zuchthaus Bautzen II habe büssen müssen.

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