Pressemitteilung Nr. 157 / 2000 vom 24.11.2000

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HESSISCHE FILM- UND KINOPREISE 2000 IN DEN WIESBADENER KURHAUSKOLONNADEN VERLIEHEN

Kunstministerin Wagner: Werke der Preisträger sind beeindruckende Beweise für große künstlerische Leistungen der Film- und Kinoszene

Wiesbaden - In den Wiesbadener Kurhauskolonnaden sind heute die Träger der diesjährigen Hessischen Film- und Kinopreise ausgezeichnet worden. Sie teilen sich in den Bereichen Film, Hochschulfilm, Drehbuch, gewerbliche und nichtgewerbliche Filmtheater ein Gesamtpreisgeld des Landes Hessen in Höhe von 345.000 Mark. Überreicht wurden die Auszeichnungen von Hessens Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Ruth Wagner, dem Programmdirektor Fernsehen des Hessischen Rundfunks, Dr. Hans-Werner Conrad, und dem Geschäftsführer der TaunusFilm GmbH, Prof. Wolfgang Graß.

Kunstministerin Wagner würdigte die Werke der Preisträger als beeindruckende Beweise für die großen künstlerischen Leistungen der hessischen Film- und Kinoszene. Die Kreativität des hessischen Films sei nicht nur national, sondern auch international anerkannt. Immerhin hätten junge Filmemacher bereits zwei Oscars nach Hessen geholt. Um die Film- und Kinolandschaft in Hessen weiter zu stärken, habe die Landesregierung Initiativen gestartet. Das Kunstministerium habe zusammen mit dem Hessischen Rundfunk den Etat der Geschäftsstelle der Hessischen Filmförderung angehoben. Insgesamt stünden für die kulturelle Filmförderung in diesem Jahr mehr als 2 Millionen Mark zur Verfügung, hinzu kämen 1,5 Millionen Mark des Hessischen Rundfunks. Außerdem sei die Förderung durch das Wirtschaftsministerium ausgebaut worden. Ein großer Fortschritt - so Ministerin Wagner - sei die Einrichtung eines Filmfonds in Höhe von 15 Millionen Mark, mit dem sich das Land Hessen an Filmproduktionen beteiligen wolle.

In den Kategorien Hessischer Filmpreis, Hessischer Hochschulfilmpreis und Hessischer Drehbuchpreis sichtete die Jury im Kino Orfeo's Erben in Frankfurt insgesamt 42 Filme und las 10 Drehbücher. Der Auswahljury gehören an: Der Schauspieler und Regisseur Peter Kern (Hamminkeln), die Kinoexpertin Stephanie Schulte-Strathaus (Berlin) und die Drehbuchautorin Eva Mieke (München).

Um den Hessischen Filmpreis 2000 konkurrierten insgesamt 33 Filme. Folgende vier Preisträger wurden ausgewählt und ausgezeichnet:

Für den besten Spielfilm erhielt Philip Gröning den Hessischen Filmpreis und ein Preisgeld in Höhe von 80.000 Mark. Der 41-jährige Filmemacher aus Düsseldorf beschreibt in seinem von der Wiesbadener TaunusFilm coproduzierten Reisefilm "I'amour, I'argent, I'amour" zwei junge Menschen, die versuchen, unter schwierigen Bedingungen Liebe und Glück zu finden und letztlich scheitern. "Es ist ein Film über die Kälte der Automaten, die Kälte der Prostitution, die Kälte der Liebe, die Wärme sucht", befand die Jury. "Philip Grönings eigenwillige Filmsprache vereint Form und Rhythmus und scheut keine Emotionen. Hier verlässt das 'Deutsche Kino' seine distanzierte Kälte und dringt in eine Welt von Schicksal und sinnlicher Leidenschaft ein". Sein Werk sei auch Dank der hervorragenden Jugenddarsteller Sabine Timoteo und Florian Stetter ein dunkler Film mit leuchtenden Seelen, ein schöner Film.

Für den besten Dokumentarfilm erhielt Andrzej Klamt den Hessischen Filmpreis und ein Preisgeld in Höhe von 30.000 Mark. Das Werk von Andrzej Klamt und Marek Pelc mit dem Titel "... Verzeihung, ich lebe" basiert auf einer Sammlung von mehr als 2.400 privaten Fotografien, die vermutlich im Koffer eines in Auschwitz umgekommenen Opfers des Holocaust gefunden und vom Museumsarchiv des ehemaligen Konzentrationslagers und dem Fritz-Bauer-Institut in Frankfurt ausgewertet wurden. Die Fotos gehörten Juden aus der polnischen Kleinstadt Bedzin. Der Film begibt sich auf die Spurensuche von vier Überlebenden, die auf den Fotos abgebildet sind und heute in Israel leben. Der Film, so befand die Jury, sei ein einzigartiger Versuch, anhand von Bildern aus der Vorkriegszeit eine Brücke zu schlagen zur Gegenwart, die - ebenso wie die Fotografien - nur aus Erinnerungen bestehe. "Dem Zuschauer wird die Brutalität des Holocaust vor Augen geführt, wenn er Fotografien junger Menschen sieht, die den Wunsch nach einem Film voller spannender Lebensläufe wecken, die aber schon kurz nach ihrer Entstehung abbrechen."

Den Hessischen Filmpreis für den besten Kurzfilm erkannte die Jury zwei Autoren zu:

Den Hessischen Filmpreis für einen außerordentlichen Experimentalfilm, verbunden mit einem Preisgeld von 20.000 Mark, erhielt Nino Pezzella für seinen Film "Cocullo". Das Werk des 39-jährigen Filmemachers aus Wiesbaden stellt eine in Bild und Ton rhythmisch komponierte Studie eines religiösen Schlangenkults in einem italienischen Dorf dar. In ausgewählten Nahaufnahmen sind die Handlungsrituale der Dorfbewohner zu sehen, die für die Betrachter ebenso faszinierend wie befremdlich erscheinen. "Cocullo ist", so befand die Jury, "in seiner Stimmigkeit ein kulinarischer, alle Sinne umfassender Genuss und das einfühlsame Porträt eines Dorfes in den Abruzzen".

Ausgezeichnet wurde außerdem Birgit Lehmann für ihren Film "Als Hitchcock in Auerstedt auf Eiermanns Else traf". Sie erhielt den Hessischen Filmpreis für den besten Kurzfilm und ein Preisgeld von 20.000 Mark. In dem 15minütigen Film, straff und schlüssig inszeniert, erinnern sich die Einwohner der Gemeinde Auerstedt bei Jena mit freundlichem Respekt an Else Eiermann. Das alte Fräulein soll mit der Geschichte von seiner toten Mutter am Fenster Alfred Hitchcock zu seinem Filmklassiker "Psycho" inspiriert haben.

In der Kategorie Hessischer Hochschul-Filmpreis 2000 waren insgesamt neun Filme eingereicht worden. Der mit 15.000 Mark dotierte Preis ging an zwei Absolventen der Hochschule für Gestaltung in Offenbach. Ausgezeichnet wurde Birte Meesmann für ihren Kurzspielfilm "Fast nackt", in dem die inneren Konflikte einer Jugendlichen beschrieben werden, die zwischen ihren eigenen Gefühlen und ihrem Bedürfnis nach Anerkennung hin und hergerissen ist. "Der Regisseurin gelingt es, innerhalb einer Filmlänge von zehn Minuten ein Gefühlsmoment überzeugend zu visualisieren", begündete die Jury ihre Entscheidung.

Den Hochschul-Filmpreis erhielt außerdem Gunter Deller für seinen Film "Schattengrenze" - für eine überzeugende Darstellung visueller Wahrnehmung beim Erleben der alltäglichen Umwelt, Fernweh, Erinnerung, Traum und Vision. "Der Film Schattengrenze", so die Jury, "nutzt die Möglichkeiten des Films, um in einer eigenwilligen, veränderbaren, aber niemals beliebigen Formsprache die Welt immer neu zu sortieren und wird damit zu einer poetischen Studie über das Kino selbst".

Die ausgezeichneten Filme werden ab Samstag, dem 25. November 2000, ab 18 Uhr im Rahmen der 15. Frankfurter Filmschau (Harmonie Kinos) der Öffentlichkeit präsentiert.

Der Hessische Drehbuchpreis 2000, verbunden mit einem Preisgeld von 15.000 Mark, ging an Holger Ernst für sein Drehbuch "Das Leben geht weiter". Insgesamt 10 Drehbücher waren eingereicht worden. Die Jury entschied sich für das Skript von Holger Ernst, in dessen Mittelpunkt Geschichten kleiner Leute stehen, die Schicksale von Menschen, denen der Verlust ihres Arbeitsplatzes droht. "Der Autor schreibt gute stimmige Dialoge und schafft es, seine Protagonisten zu unsentimentalen, lebendigen Menschen werden zu lassen", urteilte die Jury.

Der mit insgesamt 150.000 Mark dotierte Hessische Kinopreis 2000 wurde in diesem Jahr folgenden acht gewerblichen Kinos zuerkannt:

Kino Traumstern Lich (30.000 Mark)
Capitol Kino 2, Witzenhausen (20.000 Mark)
Filmladen Kassel (20.000 Mark)
Orfeo's Erben, Frankfurt (20.000 Mark)
Mal seh'n Kino, Frankfurt (15.000 Mark)
Bali Kinos, Kassel (15.000 Mark)
Filmtheater Valentin, Frankfurt-Höchst (15.000 Mark)
Programmkinos Kammer/Palette/Atelier, Marburg (15.000 Mark)

Für hervorragende Leistungen im Bereich des nichtgewerblichen Abspiels wurden außerdem fünf Filmkunsttheater mit dem Hessischen Filmkunstpreis 2000 ausgezeichnet. Zu den Preisträgern, die je 3.000 Mark Preisgeld erhielten, gehören:

Caligari-Filmbühne, Wiesbaden
Kommunales Kino Weiterstadt
Kino im Deutschen Filmmuseum, Frankfurt
Kino im Cafe Trauma, Marburg
Filmforum Höchst.































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