Pressemitteilung Nr. 170 / 2001 vom 12.11.2001

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LAND HESSEN ERWIRBT TEILE DES PERSÖNLICHEN NACHLASSES VON CARL ULRICH

Kunstministerin Wagner: AnfÀnge des heutigen Bundeslandes Hessen untrennbar mit dem Namen des ersten MinisterprÀsidenten des Volksstaates Hessen verbunden

Darmstadt/Wiesbaden - Das Hessische Staatsarchiv Darmstadt beherbergt jetzt neben dem schriftlichen Nachlass des ersten MinisterprĂ€sidenten und StaatsprĂ€sidenten des Volksstaates Hessen, Carl Ulrich, auch bedeutende Teile seines persönlichen Nachlasses. Hessens Ministerin fĂŒr Wissenschaft und Kunst, Ruth Wagner, prĂ€sentierte heute zusammen mit dem Leiter des Hessischen Staatsarchivs in Darmstadt, Prof. Dr. Friedrich Battenberg, eine Reihe von Nachlass-StĂŒcken, die das Land Hessen fĂŒr knapp neuntausend Mark erworben hat.

Nach Angaben von Ministerin Wagner drohte zunĂ€chst ein Verkauf des Nachlasses in die USA. "Ich bin sehr froh, dass wir dies durch den Ankauf verhindert haben, denn die AnfĂ€nge des heutigen Bundeslandes Hessen sind untrennbar mit dem Namen Carl Ulrich verbunden", sagte Ministerin Wagner. Ulrich sei es nach dem Ersten Weltkrieg 1918 dank seiner großen politischen Erfahrungen und seiner auf Ausgleich bedachten Politik gelungen, als erster demokratisch gewĂ€hlter StaatsprĂ€sident des Volksstaates Hessen den Wechsel vom Großherzogtum zur Republik friedlich und reibungslos zu vollziehen. "Der persönliche Nachlass - darunter der Original-Reisepass Ulrichs mit einer Personenbeschreibung und der Berufsbezeichnung "Hessischer MinisterprĂ€sident" - vermittelt ausgezeichnete Einblicke in das politische und gesellschaftliche Leben in der Anfangszeit des Landes Hessen und ergĂ€nzt sehr gut die im Staatsarchiv bereits vorhandenen BestĂ€nde", sagte Ministerin Wagner. Der Sozialdemokrat Ulrich habe es wĂ€hrend seiner Regierungsjahre von 1919 bis 1928 dank seiner umsichtigen, rechtsstaatlichen Politik verstanden, die damaligen radikalen KrĂ€fte der Arbeiter-, Bauern und SoldatenrĂ€te zu mĂ€ĂŸigen und zum Wohle des jungen Landes Hessen zu integrieren", erlĂ€uterte Wagner.

Sie wĂŒrdigte außerdem sein großes Engagement fĂŒr die Kultur. Unmittelbar hinter den damals wichtigen ErnĂ€hrungs- und Verkehrsfragen habe die Kulturpolitik zu den vordringlichen Aufgaben des neuen Volksstaates gehört. Die neue Republik habe sich ganz bewusst zur kĂŒnstlerischen Vorreiterrolle bekannt, die Hessen unter dem letzten Großherzog in Deutschland gespielt habe. "WĂ€hrend der Regierungszeit Ulrichs erlebte Darmstadt eine kulturelle BlĂŒte. KĂŒnstler und Literaten fanden sich ein, die ‚DarmstĂ€dter Sezession' konnte 1920 Deutsche Expressionisten auf der Mathildenhöhe prĂ€sentieren, und ohne seine UnterstĂŒtzung der BĂŒhne gĂ€be es vielleicht das heutige Staatstheater Darmstadt nicht", sagte Ministerin Wagner. "Das DarmstĂ€dter Theater, seit 1920 unter der Leitung des Intendanten Gustav Hartung, war eine der modernsten deutschen BĂŒhnen. Mit Georg BĂŒchners ErstauffĂŒhrungen und UrauffĂŒhrungen von Kasimir Edschmid und Klaus Mann spielte man sich auch unter dem Protest traditioneller Besucher in die Avantgarde der jungen Republik", so die Ministerin.

Carl Ulrich, geboren am 28.1.1853 in Braunschweig, arbeitete nach seiner Lehrzeit zum Schlosser und Dreher zunĂ€chst als Redakteur bei der Neuen Offenbacher Tageszeitung. Unter dem Druck der "Sozialistengesetze" wurde das Erscheinen der Zeitung verboten, sodass Ulrich sich 1885 als KolonialwarenhĂ€ndler eine neue Existenzgrundlage suchen musste. Im gleichen Jahr wurde der Sozialdemokrat in den Landtag des Großherzogtums gewĂ€hlt. Daneben gehörte er mit Unterbrechungen bis 1930 dem Reichstag an. Nach Absetzung des Großherzogs wurde Ulrich 1918 mit der Bildung einer neuen provisorischen Regierung beauftragt, die die demokratischen Wahlen zur Volkskammer ausschrieb. Von 1918 bis 1919 war Ulrich MinisterprĂ€sident der provisorischen Regierung in Darmstadt. Von 1919 bis 1928 fungierte er als StaatsprĂ€sident des Volksstaates Hessen. Carl Ulrich starb am 12. April 1933 in Offenbach.

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