Pressemitteilung Nr. 176 / 2001 vom 23.11.2001

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HESSISCHE FILM- UND KINOPREISE 2001 IM CALIGARI-FILMKUNSTTHEATER WIESBADEN VERLIEHEN

Kunstministerin Wagner zeichnet 20 Preisträger für hervorragende Leistungen in den Bereichen Film, Drehbuch und Kino aus

Wiesbaden - Im Caligari-Filmkunsttheater in Wiesbaden sind heute die Träger der Hessischen Film- und Kinopreise 2001 geehrt worden. Die Auszeichnungen wurden überreicht von der Stellvertretenden Hessischen Ministerpräsidentin und Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Ruth Wagner, und dem Programmdirektor Fernsehen des Hessischen Rundfunks, Dr. Hans-Werner Conrad. Die Preisträger teilen sich in den Kategorien Film, Hochschulfilm, Drehbuch, gewerbliche und nicht gewerbliche Filmtheater ein Gesamtpreisgeld des Landes Hessen in Höhe von 345.000 Mark.

Ministerin Wagner würdigte die Werke der Preisträger als beeindruckende und hervorragende künstlerische Leistungen der hessischen Film- und Kinoszene. Es zeige sich, dass die Kreativität und das Engagement talentierter hessischer Filmemacherinnen und -macher zunehmend anerkannt werde. Hessische Filme - insbesondere der Genres Kurz-, Dokumentar- und Animationsfilm - seien auf nationalen und internationalen Filmfestivals vertreten und erhielten dort Auszeichnungen. Junge Filmemacher hätten bereits zwei der begehrten Oscars nach Hessen geholt und so dazu beigetragen, die hessische Filmszene insgesamt zu beflügeln. Dies sei angesichts des starken Wettbewerbs in der Filmbranche eine erfreuliche Entwicklung.

Nach Angaben von Ministerin Wagner investiert das Land Hessen zusätzliche Gelder in die Stärkung des Film- und Medienstandortes Hessen. Der Haushaltsentwurf des Hessischen Kunstministeriums sehe für das kommende Jahr eine Steigerung zu Gunsten der kulturellen Filmförderung um 410.000 € auf 1,46 Mio. € vor - dies bedeute eine Erhöhung um rund 40 Prozent. "Mit diesen Zuwächsen sollen insbesondere die Filmfestivals im Land und die Filmausbildung an Hessens Hochschulen unterstützt werden", sagte Ministerin Wagner. Zusammen mit den Mitteln des Hessischen Rundfunks stünden der Hessischen Filmförderung im kommenden Jahr insgesamt 2,15 Mio. € zur Verfügung. Außerdem baue das Wirtschaftsministerium die kommerzielle Filmförderung mit der Einrichtung eines Filmfonds in Höhe von 7,5 Mio. € aus. Mit diesem Fonds beteilige sich das Land an Filmproduktionen.

In den Kategorien Hessischer Filmpreis, Hessischer Hochschulfilmpreis und Hessischer Drehbuchpreis sichtete die Auswahljury in diesem Jahr insgesamt 42 Werke. Der Jury gehören an: Drehbuchautorin Eva Mieke (München), Regisseur und Schauspieler Peter Kern (Hamminkeln) sowie der Drehbuchautor und Regisseur Michael Gutmann (München).

Um den Hessischen Filmpreis 2001 (Preisgeld 150.000 Mark) konkurrierten 22 Filme. Folgende vier Preisträger wurden ausgewählt und ausgezeichnet:

Für den besten Spielfilm erhielt Christian Petzold den Hessischen Filmpreis und ein Preisgeld in Höhe von 60.000 Mark. Petzolds Spielfilm "Die innere Sicherheit" wurde bereits mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Deutschen Filmpreis 2001. Die Jury hat sich ebenfalls für diesen Film entschieden, weil sie ihn für den besten der vorliegenden Spielfilme hält. Das Werk des 41-jährigen, in Berlin lebenden Filmemachers ist eigentlich ein Kammerspiel, auch ein roadmovie, das die jüngste deutsche Vergangenheit reflektiert. In dem Film sind Hans und Klara, die wahrscheinlich in den späten Siebzigern einer so genannten terroristischen Gruppierung angehört haben, auf der Flucht und touren seit 15 Jahren durch Europa. Begleitet werden sie von ihrer 15-jährigen Tochter Jeanne, deren Geschichte in diesem Film erzählt wird. Jeanne hat es satt, ständig auf der Flucht zu sein. Als sie sich verliebt, ist sie hin und her gerissen zwischen der Loyalität zu ihren Eltern und dem Jungen, den sie zu lieben glaubt. Sie erzählt dem Jungen, wie es um ihre Familie steht. Das hat tödliche Folgen.

"Der Begriff von der "Inneren Sicherheit" war schon halb vergessen, zur Metapher geworden, bis er nun nach dem Anschlag vom 11. September makabre Auferstehung feiert", befand die Jury. Harun Farocki, Petzolds Mitautor, habe die späten siebziger Jahre miterlebt. Etwas von dem damaligen paranoiden Klima sei in den Film eingeflossen. "Denen, die sich an diese Jahre erinnern können, gruselt es. Und einem jüngeren Publikum könnte Petzolds Film geradezu ein Menetekel sein auf das, was sich bei uns anzubahnen droht", so die Jury.

Für den besten Dokumentarfilm wurde Andreas Veiel mit dem Hessischen Filmpreis und einem Preisgeld in Höhe von 60.000 Mark ausgezeichnet. Das Werk des 42-jährigen Filmemachers aus Stuttgart mit dem Titel "Black Box BRD" ist ein Dokumentarfilm über die Gegenwart und die jüngste Vergangenheit der Bundesrepublik Deutschland. Bis in die 90er Jahre wurde das Land erschüttert von der Machtprobe zwischen dem Staat und der Rote Armee Fraktion. Der Film schildert in einem Doppelporträt den Werdegang von Wolfgang Grams und Alfred Herrhausen. Grams radikalisiert sich und geht in den Untergrund. Manager Herrhausen steigt zum Vorstandssprecher der Deutschen Bank auf und wird zu einem der mächtigsten Männer der Republik. Beide sterben eines gewaltsamen Todes. In dem Film kommen Angehörige und Kollegen beider Männer zu Wort.

"'Black Box BRD' verdankt seine außergewöhnlich hohe Qualität der Tatsache, dass er in einer Periode der hastigen Bilder geduldig auf die Menschen blickt. Die Dauer dieses Blickes macht den Unterschied aus. Der Film erspart uns weder das verzweifelte Schweigen, noch das leichtfertige Geschwätz, denn er geht so weit, wie es ihm die dargestellten Personen erlauben", so das Urteil der Auswahljury.

Den Hessischen Filmpreis 2001 für den besten Kurzfilm erkannte die Jury zwei Autoren zu.

Für seine filmische Dokumentation "B224" erhielt Autor Rainer Komers den Hessischen Filmpreis und ein Preisgeld in Höhe von 15.000 Mark. Dem freien Filmemacher Komers, geb. 1944 in Guben, sei es gelungen, mit distanzierten, ästhetischen Bildern das Mosaik einer deutschen Industrielandschaft eindrucksvoll zu vergegenwärtigen", befand die Jury. "Es ist eine Landschaft, deren industrielle Blüte längst vorbei ist. Aber Teile der altmodischen maroden Anlagen funktionieren noch. Menschen kommen im Arbeitsprozess nur noch ganz selten vor. Das maschinell betriebene Band hat ihnen die Arbeit abgenommen. Daneben tote Fördertürme, graue Abraumhalden neben Baggerseen, die zu Freizeitanlagen umfunktioniert wurden. Den Bildern wird keine Musik unterlegt. Der Sound besteht aus den Geräuschen der Maschinen und den Motoren der Autos, die die Bundesstraße 224 befahren und Orte und Menschen miteinander verbinden", so die Jury.

Ausgezeichnet wurden außerdem Thomas Draschan und Ulrich Wiesner. Für Ihren Kurzfilm "Metropolen des Leichtsinns" erhielten sie den Hessischen Filmpreis und ein Preisgeld in Höhe von 15.000 Mark. Draschan, geb. 1967 in Linz, und Wiesner, geb. 1956 in Frankfurt, gest. 2001, komponierten aus einem Fundus von found footage-Material, Filmschnipsel aus Filmen der letzten Jahrzehnte (Spiel-, Sex-, Aufklärungs- und Tierfilmen, Sportberichterstattung und Werbung) ein rasend schnelles Kaleidoskop der Bilder und Töne. "Der Montage gelingt es, im Zuschauer die Assoziation an die eigene Vergangenheit aufscheinen und wieder verschwinden zu lassen und durch Assoziationen von Gesehenem, von gesellschaftlichen Mythen sofort wieder zu ersetzen, während die Töne das eben Gedachte Lügen strafen", so die Jury.

In der Kategorie Hessischer Hochschulfilmpreis waren insgesamt acht Filme eingereicht worden. Die mit 15.000 Mark dotierte Auszeichnung ging an Holger Ernst für seinen Kurzspielfilm "Kleine Fische".

Mit liebevoller Ironie erzählt der neunminütige Film von den Vorfreuden und Ängsten der Männlichkeit. Jonas und sein Bruder entdecken in einem Schwimmbad das geheimnisvolle andere Geschlecht - und Ansätze ihres eigenen Erwachsenenwerdens

"Die wunderbaren Laiendarsteller sind so natürlich wie in einem guten Dokumentarfilm. Die Kamera begibt sich stilsicher in die Perspektive des kleinen Jungen und schafft Spielfilmatmosphäre. "Kleine Fische" ist ein großartiges Kurzfilm- Debüt, das ins Kino gehört", urteilte die Jury.

Die preisgekrönten Filme werden am Freitag, dem 23.November 2001, ab 18 Uhr, im Frankfurter Kino Orfeo's Erben der Öffentlichkeit präsentiert. Außerdem wird der Hessische Rundfunk am Samstag, dem 24. November 2001, um 21.45 Uhr, einen ausführlichen Fernsehbericht über die Veranstaltung zum Hessischen Filmpreis 2001 in der Caligari-Filmbühne in Wiesbaden senden.

Der Hessische Drehbuchpreis, verbunden mit einem Preisgeld in Höhe von 15.000 Mark, ging an den Frankfurter Peter Rippl für sein Drehbuch "Mein Herz gehört dir". Insgesamt zwölf Drehbücher waren eingereicht worden. Die Jury entschied sich für Rippls Skript, das auf packende, manchmal witzige Weise die Gefühlsodyssee der ungleichen erwachsenen Schwestern Ruth und Sarah beschreibt. "Autor Peter Rippl beweist in seinem Drehbuch ein außerordentliches Gespür für Menschenbeobachtung, Atmosphäre und Dialog. Mit einer Hand voll Figuren, die klug zueinander in Beziehung gesetzt sind, gelingt ihm eine heutige Geschichte mit Menschen, denen wir glauben, dass es sie gibt", begründete die Jury ihre Entscheidung.

Die Jury für den Hessischen Kino- und Filmkunstpreis setzte sich wie folgt zusammen: Peter Huth, Provinz Kino (Simmern), Gerhard Bingenheimer, Provinzkino 80 (Kaiserslautern), Helge Schweckendiek, Kino Lumiere (Göttingen).

Der mit insgesamt 150.000 Mark dotierte Hessische Kinopreis 2001 wurde an neun gewerblich betriebene hessische Kinos verliehen, die ein herausragendes kulturelles Engagement zeigen und nicht in öffentlicher Trägerschaft stehen. "Die vielseitigen und spannenden Programme machen deutlich, dass Filmkultur nicht nur in Großstädten sondern auch in der entlegenen Region stattfindet. Es geschieht teilweise unter hohem persönlichen und finanziellen Einsatz, was wir hiermit nochmals nachdrücklich würdigen wollen", befand die Jury. Folgende Kinos wurden mit dem Hessischen Kinopreis und einem Preisgeld geehrt:

Riedkasino Nauheim (15.000 Mark)
Mal seh'n Kino, Frankfurt am Main (15.000 Mark)
Filmtheater Valentin, Frankfurt- Höchst (15.000 Mark)
Balikinos, Kassel (15.000 Mark)
Filmladen Kassel (20.000 Mark)
Orfeo's Erben, Frankfurt a. M. (20.000 Mark)
Kammer/Palette/Atelier Programmkinos, Marburg (15.000 Mark)
Kino Traumstern, Lich (20.000 Mark)
Capitol Kino II, Witzenhausen (15.000 Mark)

Für vorbildliche Filmarbeit im Bereich des nichtgewerblichen Abspiels wurden außerdem fünf Filmkunsttheater mit dem Hessischen Filmkunstpreis 2001 ausgezeichnet. Zu den Preisträgern, die jeweils mit einem Preisgeld in Höhe von 3000 Mark geehrt wurden, gehören:

Freunde der Filme im Schloss, Wiesbaden
Filmforum Höchst, Frankfurt a. M.
Kommunales Kino Weiterstadt
Caligari-Filmbühne, Wiesbaden
Kino im Deutschen Filmmuseum, Frankfurt a. M.


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