Pressemitteilung Nr. 148 / 2002 vom 12.11.2002

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Wissenschaftsministerium schließt Zielvereinbarungen mit der Fachhochschule Frankfurt und der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt

Ministerin Wagner: Hochschulen können selbst entscheiden, wie sie ihre strategischen Entwicklungs- und Leistungsziele erreichen

Frankfurt - Das hessische Wissenschaftsministerium hat heute Zielvereinbarungen mit der Fachhochschule Frankfurt und der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt geschlossen, die jeweils konkrete Aussagen über die weitere Struktur- und Entwicklungsplanung der Hochschulen enthalten, d.h. unter anderem zu ihren angestrebten Profilen, Leistungen, Schwerpunkten in Forschung und Lehre, zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie zur Internationalisierung, Qualitätssicherung und zur Evaluation. Unterzeichnet wurden die Zielvereinbarungen in Frankfurt von Wissenschaftsministerin Ruth Wagner, dem Präsidenten der Fachhochschule Frankfurt, Prof. Rolf Kessler, und dem Präsidenten der Universität Frankfurt, Prof. Dr. Rudolf Steinberg.

Ministerin Wagner sagte: "Die Zielvereinbarungen, die das Land in diesen Tagen mit den zwölf Universitäten, Fachhochschulen und Kunsthochschulen abschließt, sind im Rahmen des Hochschulreformprozesses in Hessen von zentraler Bedeutung. Diese Vereinbarungen haben ebenso wie der Hochschulpakt eine Laufzeit bis 2005. Sie treffen keine Detailregelungen, sondern bestimmen die strategischen Ziele, die die Hochschulen verfolgen möchten. Innerhalb dieses Rahmens können auch die Fachhochschule Frankfurt und die Universität Frankfurt autonom darüber entscheiden, in welcher Weise sie die mit dem Land vereinbarten Ziele verwirklichen", so Wagner. Durch die Zielvereinbarung werde das Leistungsspektrum der Hochschulen sichtbar; angestrebte Qualitäts- und Leistungsziele würden überprüfbar. Die Landesregierung wolle die Hochschulen in die Lage versetzen, in größtmöglicher Selbstverantwortung ihre Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit weiter zu verbessern. Mit dem novellierten Hessischen Hochschulgesetz, dem Hochschulpakt, der leistungsbezogenen Budgetierung und den Zielvereinbarungen seien die notwendigen Voraussetzungen getroffen worden. "Mit diesen vier Reformelementen hat Hessen einen Stand moderner Verwaltungsreform für das Hochschulwesen erreicht, den kein anderes Bundesland aufweisen kann", sagte die Wissenschaftsministerin.

Ministerin Wagner wies darauf hin, dass das Studienangebot der FH Frankfurt ein breites Fächerspektrum umfasse und die Hochschule trotz des Rückgangs der Studierendenzahlen in den Ingenieurwissenschaften eine der größten Fachhochschulen in Deutschland sei. Da es an der FH Frankfurt noch nicht gelungen sei, die Anfängerzahlen in den Ingenieurwissenschaften im wünschenswerten Maße wieder zu steigern, führe die leistungsbezogene Budgetierung ab 2003 dazu, dass der Landeszuschuss an die Hochschule vorläufig bei knapp 37 Mio. Euro stagniere. Die Zielvereinbarung zeige, dass sich die FH Frankfurt dieser Situation bewusst sei und sehr große Anstrengungen unternehme, um durch attraktive neue Studienangebote und andere Leistungssteigerungen ihre Wettbewerbsposition zu verbessern", so Wagner. Das Land wolle die Profilierungsanstrengungen der Hochschule u.a. auch mit einer Verbesserung der Infrastruktureinrichtungen der Ingenieurwissenschaften unterstützen. "Deshalb hat das Ministerium in der Zielvereinbarung die Errichtung eines Neubaus auf dem Campus der Fachhochschule in der Kleiststraße bis zum Jahr 2005 zugesagt. Hierfür stehen im Landeshaushalt 53 Mio. Euro zur Verfügung", sagte die Ministerin. In einer zweiten Stufe der Campusbebauung seien weitere Baumaßnahmen vorgesehen; die Planungsmittel würden während der Laufzeit der Zielvereinbarung rechtzeitig veranschlagt.

Der Präsident der Fachhochschule Frankfurt, Prof. Rolf Kessler, sagte: "Die Fachhochschule Frankfurt am Main steckt mitten in einem tief greifenden Reformprozess: Sie hat die früheren dreizehn Fachbereiche zu nur mehr vier zusammengefasst, sie hat die Hochschulverwaltung neu geordnet und ist dabei, auch die Studiengänge zu verändern und neue Angebote zu schaffen. Die Zielvereinbarung gibt der Hochschule Sicherheit für den eingeschlagenen Weg, lässt aber ausreichend Spielraum für eine Profilierung im Einzelnen."

Mit Blick auf die Zielvereinbarung der Universität Frankfurt sagte Ministerin Wagner: "Die Universität erhält durch umfangreiche Baumaßnahmen die Chance, ihren geistes-und sozialwissenschaftlichen Campus Westend, ihren naturwissenschaftlichen Campus Riedberg und ihren medizinischen Campus Niederrad völlig neu zu gestalten. Damit entsteht eine der modernsten und leistungsfähigsten Wissenschaftsinfrastrukturen im deutschen Hochschulwesen. Für diese Vorhaben, deren Fertigstellung angesichts des großen Bauvolumens die Laufzeit der Zielvereinbarung überschreiten wird, sind Investitionskosten von insgesamt rund 600 Mio. Euro vorgesehen. Es ist das größte Investitionsprojekt des Landes Hessen". Die Ministerin wies außerdem darauf hin, dass die exzellenten Forschungsleistungen der Universität durch die leistungsbezogene Budgetierung ab 2003 belohnt werden. Der Etat der Hochschule werde im kommenden Jahr auf mehr als 262 Mio. Euro steigen. Zehn Prozent dieses Betrags entfalle allein auf Prämien des Landes für die Einwerbung von Drittmitteln zu Gunsten von Forschungsvorhaben - das Land prämiiere jeden Euro an Drittmitteln, den die Hochschule einwerbe, mit 50 Cents.

Der Präsident der Universität Frankfurt, Prof. Dr. Rudolf Steinberg, bezeichnete die Zielvereinbarung als wichtigen Meilenstein auf dem Wege zur Autonomie der Universität. "In der Zielvereinbarung bekräftigt die Johann Wolfgang Goethe-Universität die von ihr verfolgten Ziele im Bereich von Forschung und Lehre, Qualitätsmanagement und Evaluation, wie sie im Hochschulentwicklungsplan 2001 niedergelegt worden sind. Der wissenschaftlichen Profilbildung der Universität entspricht die bauliche Entwicklung, die mittelfristig zur Verlagerung der Institute am Standort Bockenheim auf den Campus Riedberg bzw. den Campus Westend führen wird. Die Position der Frankfurter Universität als führender Forschungsuniversität in Hessen kommt jetzt auch durch das mit Abstand höchste Erfolgsbudget für 2003 zum Ausdruck. Große Sorgen machen allerdings die in der Zielvereinbarung festgelegten Zielzahlen für Studierende in der Regelstudienzeit, die nicht nur die Ausbildungsverpflichtung der Universität begrenzen, sondern in Zukunft auch die Grundlage des Landeszuschusses darstellen. Die hier für 2003 angegebenen Zahlen sind bereits in diesem Wintersemester um 2.500 oder etwa 10% überschritten. Das wird Anpassungen an die Zulassung in den kommenden Semestern unvermeidlich machen."

Wagner, Kessler und Steinberg hoben folgende Eckpunkte der beiden Zielvereinbarungen hervor:

I. Fachhochschule Frankfurt

1. Strukturelle/fachliche Entwicklungsziele in der Lehre
Die Fachhochschule Frankfurt will ihre neue Organisationsstruktur dazu nutzen, um bei der Weiterentwicklung der Studienangebote vermehrt Synergiemöglichkeiten zu berücksichtigen. Um dies zu erleichtern, strebt die Hochschule die verstärkte Modularisierung der Lehrangebote an. Außerdem hat sie sich zum Ziel gesetzt, wo immer es sinnvoll ist, die Diplom-Studiengänge durch Bachelor- oder durch Bachelor- und Master-Studiengänge zu ersetzen. Beispiele für fächerübergreifende Studiengangsprojekte sind Wirtschaftsinformatik und Gerontotechnik. Als weitere innovative Lehrangebote werden z.B. die Studiengänge Geoinformation und Kommunaltechnik, Urban Agglomerations, Bioverfahrenstechnik und "Deutsche Gebärdensprache" geprüft.

2. Qualitätssicherung
Die Hochschule will ein zweistufiges Evaluationsverfahren einführen, das die Selbstevaluation in allen Studiengängen und eine anschließende Fremdevaluation umfasst. Fremdbewertungsprozesse im Rahmen von Akkreditierungen sollen hier genauso einbezogen werden wie Evaluationen im Rahmen des überregionalen Evaluationsnetzwerks ENWISS. Parallel dazu plant die Hochschule ein aktuelles Informationsgerüst mit relevanten Kennzahlen zur Studiensituation und zum Studienerfolg. Mit Hilfe dieser Informationen sollen Probleme im Studienablauf möglichst zügig aufgedeckt und beseitigt werden. Die Hochschule will Anstrengungen zur Qualitätsverbesserung fördern, indem sie dies auch bei der Leistungsbeurteilung von Professorinnen und Professoren berücksichtigt.

3. Forschung/Nachwuchsförderung
Die FH Frankfurt will die anwendungsorientierte Forschung ausweiten und die Höhe der eingeworbenen Drittmittel auf etwa zwei Mio. Euro pro Jahr verdoppeln. Zugleich soll die Zahl der hauptamtlich Lehrenden, die gelegentlich oder kontinuierlich forschen, verdoppelt werden. Um dies zu erreichen, soll die hochschulinterne Finanzierung von Forschungsprojekten mit einem neuen Konzept weitergeführt werden, das die Schwerpunktbildung sowie die Einwerbung von Drittmitteln unterstützen soll. Zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses will die Fachhochschule besonders qualifizierten Absolventen Forschungsmöglichkeiten im Rahmen von befristeten Beschäftigungsverhältnissen bieten und sie auf diese Weise bei den Vorbereitungen für Promotionen an Universitäten unterstützen.

4. Wissenstransfer
Der Schwerpunkt im Bereich Existenzgründung, der u.a. im "Frankfurter Modell für Existenzgründung" und dem vom Bund geförderten "Gründernetzwerk Route 66" seinen Niederschlag gefunden hat, soll weitergeführt werden. Weiterbildungsangebote sollen ausgeweitet und möglichst kostendeckend realisiert werden.

5. Frauenförderung
Die Anstrengungen im Bereich der Frauenförderung richten sich sowohl auf das hauptamtliche Personal als auch auf die Studierenden. Um die Zahl der Frauen unter den Lehrenden zu erhöhen, sollen Frauen gezielt angeworben und Lehraufträge sowie Gastvorträge bevorzugt an sie vergeben werden. In Studiengängen, in denen weibliche Studierende unterrepräsentiert sind, sollen Studieninteressentinnen gezielt angeworben und weibliche Studierende besonders betreut werden. Außerdem sollen besondere Leistungen zur Erhöhung des Frauenanteils bei der hochschulinternen Mittelverteilung berücksichtigt werden.

6. Internationalisierung
Die Hochschule bemüht sich um die weitere Verbesserung der Betreuung von ausländischen Studierenden, die an der FH Frankfurt mit einem Anteil von rund 26 % besonders stark vertreten sind. Vorgesehen sind verschiedene Initiativen wie z.B. ein neues Konzept zur begleitenden Sprachförderung, ein studentisches Patensystem zur Betreuung und spezielle Fachtutorien. Die FH Frankfurt will auch die internationale Ausrichtung des Studiums für deutsche Studierende fördern. Englisch soll im Grundstudium für alle Studierende zum Pflichtfach werden. Außerdem sollen u.a. der Anteil von englischsprachigen Lehrveranstaltungen generell erhöht sowie Auslandsaufenthalte bzw. auswärtige Gastdozenturen verdoppelt werden.

7. Finanzierungszusagen des Landes
In der Zielvereinbarung wird der Ausbau des hochschulinternen Kommunikationsnetzes mit einem Gesamtvolumen von ca. 2,6 Mio. Euro vom Land zugesichert. Als Sonderzuschuss zur Finanzierung der Miete für das Bürocenter Nibelungenplatz wird das Land 1,83 Mio. Euro bereitstellen. Als Anschubfinanzierung für neue Studiengänge kann die Hochschule mit Mitteln aus dem Hochschul- und Wissenschaftsprogramm rechnen. Weitere innovative Projekte der FH Frankfurt können nach externer Begutachtung aus zentralen Haushaltsmitteln gefördert werden.

II. Johann Wolfgang Goethe-Universität

1. Baumaßnahmen
Im Rahmen der grundlegenden Standortentwicklung sollen während der Laufzeit der Zielvereinbarung bis zum Jahr 2005 folgende Baumaßnahmen begonnen werden:

- Ersatzbau "AfE-Turm" und Neubau "House of Finance" (Campus Westend);
- Neubauten für die Fachbereiche Physik und Geowissenschaften (Campus Riedberg);
- Zusammenführung der Biologie (Campus Riedberg);
- Erweiterung/Modernisierung von Forschungslabors (Campus Niederrad);
- Erweiterung/Sanierung des Zentralgebäudes auf dem Campus Niederrad.

2. Strukturelle/fachliche Entwicklungsziele (Schwerpunktbildung)
Die zwischen Land und Universität geschlossene Zielvereinbarung beschreibt, unter Bezug auf den Hochschulentwicklungsplan, den die Universität im Oktober 2001 sich selbst zum Maßstab gesetzt hat, die wesentlichen fachlichen und strukturellen Entwicklungsziele, die nach gemeinsamer Überzeugung bis 2005 erreicht werden sollen: Es geht um die Fortführung der Schwerpunktbereiche, in denen die Universität bereits eine überregionale Anerkennung gefunden hat. Dazu gehören vor allem Forschung und Lehre auf den Gebieten Rechtsgeschichte, Finanzen, Geld und Währung, Wissenskultur und gesellschaftlicher Wandel, Kultur- und Naturräume Afrikas, Archäologie und Naturwissenschaften, Öffentlichkeiten und Geschlechterverhältnisse, Schwerionenphysik, Festkörperphysik, Membrane Proteomics, Spektroskopische Verfahren, Zelluläre Kommunikation, Molekulare Wirkstoffe, Onkologie, Cognitive Neuroscience sowie Vaskuläre Biologie.
Außerdem plant die Universität neue Schwerpunktbildungen, darunter in den Bereichen Europäisierung und Globalisierung des Rechts, Arbeit und Soziale Sicherung, Rechnungswesen, Europäische Stadt- und Regionalentwicklung, Demokratisierungsprozesse in der neuen Weltordnung, Religion im Dialog, (Kunst-)historische Emotionsforschung, Transformation sprachlichen Handelns, Biodiversitätsforschung sowie Atmosphärenforschung.

3. Finanzzusagen des Landes für innovative Projekte
Das Land stellt der Universität aus dem Innovationsbudget während der Jahre 2002 bis 2005 insgesamt 8,2 Mio. Euro als Anschubfinanzierung für folgende acht Innovationsprojekte zur Verfügung:

- Besetzung von Juniorprofessuren
- Einrichtung eines Center for Scientific Computing
- Lehr-und Forschungsprojekte des Wilhelm-Merton-Zentrums
- Aufbau eines House of Finance
- Aufbau eines Geozentrums Hessen
- Ausbau des Schwerpunktes Center for Membrane Proteomics
- Ausbau des Schwerpunktes Frankfurt University Center for Biomolecular MR
- Aufbau des Stern-Gerlach-Zentrum für experimentelle physikalische Forschung

4. Leistungsverpflichtungen von Universität und Land
In der Zielvereinbarung sind außerdem wechselseitige Leistungsverpflichtungen für die Ausbildung von Studierenden festgelegt. Die Universität verpflichtet sich zur Ausbildung einer nach Fächergruppen differenzierten Anzahl von Studierenden; das Land verpflichtet sich zur Bereitstellung entsprechend kalkulierter Finanzmittel im Grundbudget der Universität. Vereinbart werden außerdem im Landesinteresse liegende Leistungen der Universität außerhalb ihrer Kernaufgaben in Lehre und Forschung, z.B. überregionale Aufgaben der Universitätsbibliothek, der Betrieb eines Fernstudienzentrums, und die finanzielle Abgeltung dieser "Sondertatbestände" durch Zahlungen des Landes. Die Universität erhält für diese Zwecke im Jahr 2003 insgesamt rund 17,26 Mio. Euro."

5. Qualitätsmanagement und Evaluation
Die Universität hat sich in ihrem Hochschulentwicklungsplan I zum Aufbau eines umfassenden Qualitätsmanagements in Forschung, Lehre und Verwaltung verpflichtet. Dazu gehören interne und externe Evaluationen sowie ein inneruniversitäres, an Leistung orientiertes System der Mittelverteilung. Die Universität wird die erforderlichen Maßnahmen in einem Hochschulentwicklungsplan II konkretisieren; Teilprojekte, die in der Zielvereinbarung aufgeführt sind, hat sie bereits realisiert.

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