Pressemitteilung Nr. 162 / 2002 vom 04.12.2002

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Kunstministerium, vier Hochschulen und acht Theater gründen Hessische Theaterakademie

Ruth Wagner: Bundesweit neuartiger Studienverbund mit Sitz an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt

Frankfurt - Mit Zustimmung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst haben heute in Frankfurt vier Hochschulen und acht Theater die Hessische Theaterakademie gegründet. An der neuen, länderübergreifenden Akademie beteiligen sich die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt, die Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, die Justus-Liebig-Universität Gießen, die Hochschule für Gestaltung Offenbach, die Hessischen Staatstheater Darmstadt, Kassel, Wiesbaden, das Schauspiel Frankfurt, das Stadttheater Gießen, das Hessische Landestheater Marburg, das Künstlerhaus Mousonturm Frankfurt und das Staatstheater Mainz. Die Hessische Theaterakademie hat ihren Sitz an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst.

Bei der gemeinsamen Vertragsunterzeichnung mit den Hochschulpräsidenten und Theaterintendanten bzw. ihren Vertretern würdigte Kunstministerin Ruth Wagner den bundesweit neuartigen Studienverbund als ausgezeichnete Möglichkeit, die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Theatern zu intensivieren, praktische Ausbildungsanteile zu verstärken und bestehende Ressourcen an Theatern und Hochschulen zu bündeln. Die Hessische Theaterakademie biete den großen Vorteil, dass die Studierenden künftig regelmäßig an Inszenierungen der Hessischen Staatstheater und Theater in den Sparten Musiktheater, Sprechtheater und Tanz teilnehmen und eigene Produktionen erarbeiten könnten. Außerdem würden die beteiligten Institutionen bestehende Studiengänge miteinander vernetzen und gemeinsam neue praxisorientierte Stu-
dienangebote realisieren. "Mit der Theaterakademie vollziehen die Hochschulen einen wichtigen Schritt, um das Innovationsgebot des Hessischen Hochschulgesetzes umzusetzen und um ihr Profil im Wettbewerb mit anderen Hochschulen zu schärfen. Es entsteht eine bundesweit neuartige Unterrichtseinheit, die für sämtliche künstlerische und organisierende Theaterberufe ausbildet", sagte Ministerin Wagner.

Sie wies zugleich darauf hin, dass die Hochschulen und Theater im Rahmen der Hessischen Theaterakademie auch im Personalbereich kooperieren. "Die Künstlerischen Leiter der Theater werden als Dozenten, Gastprofessoren, Professoren oder Lehrbeauftragte an den Studiengängen mitwirken und auf diese Weise ihr umfangreiches künstlerisches Know how einbringen", so Wagner.

Beispielsweise werde der Intendant des Staatstheaters Darmstadt, Prof. Gerd-Theo Umberg, auf einer nebenberuflichen Teilzeitprofessur den zum Wintersemester 2002/03 eingerichteten Studiengang Theater- und Kulturmanagement an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt leiten. Außerdem sei Dr. Wolfgang Sandner, Musikkritiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, von der Hochschule als Professor für Musiktheaterkritik berufen worden.

Prof. Dr. Hans Hollmann, Mitinitiator der Hessischen Theaterakademie und Dekan des Fachbereichs Darstellende Kunst an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt, dankte Ministerin Wagner für Ihr Engagement zur Gründung der Theaterakademie. "Inzwischen steht die Theaterakademie im Rohbau: Die Universität Frankfurt bietet seit dem Wintersemester 2002/03 den Studiengang Dramaturgie an; an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt hat der Studiengang Theater- und Kulturmanagement begonnen, der Studiengang Theater-, Musiktheater- und Tanzkritik ist im Aufbau begriffen, und der Studiengang Regie bildet ab jetzt auch Regisseurinnen und Regisseure für das Musiktheater aus. In einem gemeinsamen Paket wurden diese vier Studiengänge zur Akkreditierung als Master- bzw. Bachelor-Studiengänge eingereicht." Hollmann dankte auch dem Präsidenten des Aufsichtsrates der TECHEM AG, Dr. h.c. Hans-Ludwig Grüschow, der die Idee der Theaterakademie ebenfalls unterstützt habe. "Seit 1994 hat TECHEM rund zwanzig Inszenierungen unserer Studierenden in den Bühnenbildern und Kostümen der Studierenden der Hochschule für Gestaltung Offenbach an den Staatstheatern Wiesbaden und Darmstadt, am Stadttheater Gießen und an anderen Häusern mit über einer halben Million Mark ermöglicht", so Hollmann.

Der Intendant des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden, Dr. Manfred Beilharz, sagte stellvertretend für die anwesenden Theaterleiter, die Verschränkung von Theorie und Praxis sei außerordentlich wichtig für eine möglichst gute Ausbildung des Theaternachwuchses. Für ihn sei es selbstverständlich, Verantwortung dafür zu übernehmen, dass die Ausbildung praxisnah stattfinde. Die Theaterakademie biete den Theatern drei große Vorteile: Kontakt zum künstlerischen Nachwuchs von der Aufnahmeprüfung bis zum Diplom, eine größere Nähe zwischen der praktischen Ausbildung und der Theaterwissenschaft sowie in beschränktem Umfang Finanzmittel zu zusätzlichen Produktionen. Beilharz sagte, er werde sich sehr dafür einsetzen, dass die neue Akademie und ihre Studenten auch in die Zusammenarbeit mit der Deutschen Dramaturgischen Gesellschaft, Berlin, und dem Internationalen Theaterinstitut (ITI), Paris, deren Vorsitzender er sei, eingebunden werden. Aber auch eine zukünftige Wiesbadener Biennale für neue europäische Dramatik solle die Möglichkeit bieten, in einem internationalen Workshop für junge europäische Dramatiker den Ausbildungshorizont zu erweitern.

Wagner, Hollmann und Beilharz nannten als weitere Inhalte des Gründungsvertrages:

- Im Rahmen der Hessischen Theaterakademie ist es gemeinsame Aufgabe der beteiligten Hochschulen und Theater, die Studierenden mit dem Stu-
dienziel Bühnenberufe fundiert und praxisnah berufsqualifizierend auszubilden. In Form von Symposien und Sommerkursen bildet die Hessische Theaterakademie ein Zentrum der Weiterbildung für Bühnenschaffende.

- Die Akademie wird geleitet von einer Präsidentin oder einem Präsidenten (Amtszeit: sechs Jahre). Er/sie wird vom Vorstand der Akademie aus der Gruppe der Professorinnen und Professoren gewählt. Der Vorstand wählt außerdem aus der Gruppe der Intendantinnen und Intendanten eine Vizepräsidentin oder einen Vizepräsidenten (Amtszeit: Dauer des jeweiligen Dienstvertrages). Der Akademie-Vorstand setzt sich zusammen aus Vertretern aller beteiligten Institutionen. Er stimmt Inhalte und Organisation der Lehrveranstaltungen aufeinander ab und beschließt für jedes Jahr einen Wirtschaftsplan.

- Die Hessische Theaterakademie ist ein Studienverbund mit aufeinander bezogenen Studien- und Prüfungsordnungen. Im Rahmen dieses Studienverbundes finden theoretische, praktische und szenische Lehrveranstaltungen (Aufführungen) statt und werden berufsqualifizierende Studiengänge angeboten. Die beteiligten Hochschulen verpflichten sich, die Studien- und Prüfungsordnungen der beteiligten Studiengänge entsprechend den Zielen des Studienverbundes aufeinander abzustimmen.

- Die Hessische Theaterakademie veranstaltet an den an ihr beteiligten Theatern bis zu 13 Aufführungen pro Studienjahr: Je eine Aufführung in den Sparten Musiktheater, Schauspiel, Tanz und medienübergreifende Spielformen; Theaterabende und Diplom-Inszenierungen des Studienganges Regie der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt; Diplominszenierungen der Justus-Liebig-Universität Gießen.

- Die Durchführung und Organisation der szenischen Lehrveranstaltungen erfolgt durch die Intendantinnen oder Intendanten der aufführenden Theater - im Einvernehmen mit der Akademieleitung und den Direktoren der beteiligten Ausbildungsbereiche.

- Die Hessische Theaterakademie wird finanziert durch bestehende Ressourcen der beteiligten Ausbildungsbereiche, durch die Einwerbung von Drittmitteln und Sponsoren insbesondere bei den geplanten Inszenierungen, und durch Sondermittel des Landes Hessen. Das Land Hessen stellt für den Start des Akademiebetriebes 50.000 Euro zur Verfügung. Die Theaterakademie erhält einen eigenen Titel im Haushaltsplan des Landes Hessen.

Folgende Studiengänge werden im Rahmen der Hessischen Theaterakademie gemeinsam durchgeführt bzw. neu eingerichtet:

Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt
- Magister-Studiengang Theaterwissenschaft
- Aufbau-Studiengang Dramaturgie

Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt
- Diplom-Studiengang Musiktheater
- Diplom-Studiengang Schauspiel
- Diplom-Studiengang Theaterregie (wird zu einem Studiengang mit Bachelor-Abschluss umgestaltet)
- Aufbau-Studiengang Theater- und Kulturmanagement
- Aufbau-Studiengang Theater-, Musiktheater- und Tanztheaterkritik

Justus-Liebig-Universität Gießen
- Diplom-Studiengang Angewandte Theaterwissenschaften

Hochschule für Gestaltung Offenbach
- Studienschwerpunkt Bühnenraum und Kostüm

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