Pressemitteilung Nr. 24 / 2003 vom 30.01.2003

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Neuer Gesellschaftsvertrag fĂĽr die Grube Messel Betriebsgesellschaft vorgestellt

Ruth Wagner: Öffentliches Interesse an UNESCO-Weltnaturerbestätte soll durch neues Besucher- und Informationszentrum gestärkt werden

Messel/Wiesbaden - Hessens Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Ruth Wagner, hat heute in Messel (Landkreis Darmstadt-Dieburg) zusammen mit dem Direktor des Forschungsinstituts und Naturmuseums Senckenberg, Prof. Dr. Fritz Steininger, dem Bürgermeister der Gemeinde Messel, Udo W. Henke, und der Direktorin des Hessischen Landesmuseums Darmstadt, Dr. Ina Busch, den neuen Gesellschaftsvertrag für die UNESCO-Weltnaturerbestätte Grube Messel vorgestellt. "Zwei neue Gesellschafter kommen neben dem Land Hessen als bisher alleinigem Gesellschafter hinzu: Das Forschungsinstitut und Naturmuseum Senckenberg, das im Auftrag des Landes auch die Grube Messel betreibt, und die Gemeinde Messel. Wir freuen uns, dass wir so die Arbeit für das faszinierende UNESCO-Weltnaturerbe in Südhessen auf eine breitere Basis stellen können", sagte Wagner. Durch die neuen Gesellschafter seien sowohl die forschenden Einrichtungen als auch die Gemeinde eng in die Entscheidungsprozesse eingebunden.

Der Vertrag werde im Februar von allen drei Gesellschaftern beim Notar unterzeichnet, und die neue Gesellschaft könne ihre Arbeit im Frühsommer dieses Jahres aufnehmen, so die Ministerin. Der neue Gesellschaftsvertrag sehe die Erhöhung des Stammkapitals der zukünftigen Welterbe Grube Messel gGmbH auf 38.000 Euro vor, sagte Wagner. Das Land halte mit 24.700 Euro einen Gesellschafteranteil von 65 % und somit die Stimmenmehrheit. Die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft halte mit 9.500 Euro 25 % und die Gemeinde Messel mit 3.800 Euro 10 % des Gesellschafteranteils. Die Stimmgewichtung in der Gesellschafterversammlung ergibt sich aus dem jeweiligen Gesellschaftsanteil.

Der Gesellschaftsvertrag enthält folgende weitere Festlegungen:

- Die Gesellschaft erhält einen Aufsichtsrat von sieben Mitgliedern. Das Gremium setzt sich zusammen aus Vertretern des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst (2), der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft (2), des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten (1), des Ministeriums der Finanzen (1) und der Gemeinde Messel (1).

- Der Jahresabschluss und der Lagebericht der Gesellschaft werden von einem Abschlussprüfer geprüft. Dem Hessischen Rechnungshof ist ein gesondertes Prüfrecht eingeräumt worden.

- Die Gesellschaft wird einen Beirat als Nachfolger des jetzigen Kulturbeirates berufen. Obwohl dies eine Entscheidung der neuen Gremien sein wird, ist vorgesehen, dass unter anderem der Museumsverein Messel, Vertreter von Naturschutzverbänden, das Landesamt für Denkmalpflege sowie der Landkreis Darmstadt-Dieburg und der Zweckverband Abfallverwertung Südhessen (ZAS) in diesem Gremium vertreten sein sollten.

Ein eigenständiger Konsortialvertrag regele die Aufteilung der Gesellschaftsanteile und lege das Eigentumsrecht des Landes an dem geplanten Besucher- und Informationszentrum fest. Das Land werde aus Mitteln der Zukunftsoffensive Hessen dieses neue Besucher- und Informationszentrum auf dem Gelände der früheren Umladestation errichten. Ruth Wagner: "Unter der Voraussetzung, dass der Hessische Landtag dem Haushaltsplan 2004 zustimmt, will das Land im kommenden Jahr rund 1 Million Euro für das Projekt zur Verfügung stellen. Die neue Gesellschaft wird die Errichtung des Informationszentrums intensiv begleiten und es künftig betreiben." Es sei zu erwarten, so die Ministerin, dass die Zahl der Besucher von derzeit rund 60.000 Personen pro Jahr in der Grube Messel durch das neue Zentrum auf jährlich 100.000 Besucher wachsen werde.

Die Grube Messel, seit 1995 UNESCO-Weltnaturerbestätte, genieße weltweit Anerkennung und solle der breiten Öffentlichkeit noch besser und umfangreicher zugänglich gemacht werden, so Wagner. "Wir planen, das neue Informationszentrum im Frühjahr 2005 zu eröffnen. Den Besuchern soll so direkt vor Ort die Faszination der einmaligen Funde der Grube näher gebracht werden", erläuterte die Ministerin. Das Land sei sich der großen Bedeutung der Grube Messel bewusst und habe deshalb seit 1991 fast 25 Millionen Euro für die Grube, die Wissenschaft und die Präsentation der Funde bereitgestellt, sagte die Ministerin.

Wagner sagte, vor Ort solle kein zusätzliches Museum entstehen. Vielmehr solle das Informationszentrum Wissenswertes über die Grube Messel präsentieren und gleichzeitig auf die drei bestehenden Sammlungen verweisen: Das benachbarte Fossilienmuseum in der Gemeinde Messel, das Hessische Landesmuseum Darmstadt und das Forschungsinstitut Senckenberg mit seinem Naturmuseum. Das geplante Besucherzentrum solle seine Informationen unter anderem für Schulklassen in adäquater Form aufbereiten. So seien neben digitalen Präsentationen und multimedialen Führungen durch die Grube auch ein praktischer Umgang mit dem Fossilienmaterial in den Schauräumen geplant.

Die Geschichte der Grube Messel ist eng mit der Industriegeschichte verwoben: Seit 1884 wurde dort Ölschiefer abgebaut, um Teer und Paraffin zu gewinnen. Später lag der Schwerpunkt auf der Gewinnung von Benzin und anderen Ölprodukten. Bis 1971 wurden etwa 20 Mio. Tonnen Ölschiefer gefördert. Mit der Industrietätigkeit wurden auch erste Fossilien gefunden. Aber erst nachdem der industrielle Betrieb eingestellt worden war, konnte systematisch gegraben, dokumentiert und präpariert werden. Durch engagierte Bürger und Wissenschaftler wurden in den Achtzigerjahren die Pläne, eine Mülldeponie einzurichten, gestoppt. Das Land Hessen kaufte 1991 dem Zweckverband Abfallverwertung Südhessen das Gelände für insgesamt rund 32,6 Mio DM (etwa 16,7 Mio. Euro) ab.

Die Fossilien der Grube Messel, die im Gemeindemuseum, im Hessischen Landesmuseum Darmstadt und im Senckenbergmuseum in Frankfurt präsentiert werden, haben Weltruhm erlangt. "Diese hervorragenden Objekte eröffnen uns einen Blick 50 Millionen Jahre zurück in die frühe Entwicklungsgeschichte der Säugetiere", sagte Wagner. So seien beispielsweise das Urpferdchen, das weltberühmte Fossil eines Ameisenbärs und andere Fundstücke wie Pflanzen und Insekten aus der Grube Messel enorme Besuchermagnete. Sie demonstrierten, so Wagner, auf eindrucksvolle Weise, wie einmalig gut und vollständig die Fossilien aus der Grube Messel erhalten seien.

Der hervorragende Erhaltungszustand der Fossilien ermögliche der Wissenschaft tiefe Einblicke in die Ökologie, Klimatologie und Entwicklungsgeschichte einer längst vergessenen Welt, die heute durch Animationen wie etwa die bekannte BBC Serie zur Paläontologie "Die Erben der Dinosaurier" zu neuem Leben erweckt werde. Außerdem sei das Interesse der Wissenschaft an Messel ungebrochen. Dies belegten die zahlreichen Veröffentlichungen des Forschungsinstituts und Naturmuseums Senckenberg und des Hessischen Landesmuseums Darmstadt, so Wagner abschließend.

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