Pressemitteilung Nr. 33 / 2003 vom 27.02.2003

zurück

Ministerin Ruth Wagner: Familienarchiv der Freiherrn von Gagern kann jetzt von Forschern ausgewertet werden

Hessisches Staatsarchiv Darmstadt hat bedeutende Nachlässe geordnet, restauriert und neu inventarisiert

Darmstadt/Wiesbaden - "Das Familienarchiv der Freiherrn von Gagern, ein herausragendes Zeugnis deutscher Politik, der Parlamentsgeschichte und der Geschichte des deutschen Liberalismus im 19. Jahrhundert, kann jetzt im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt von Forschern ausgewertet werden. Innerhalb von nur zwei Jahren ist es den Experten des Staatsarchives gelungen, die umfangreichen Aktenbestände des bedeutenden Familiennachlasses neu zu ordnen, zu restaurieren und sorgfältig zu inventarisieren. Dafür gebührt ihnen großer Dank", sagte heute die Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Ruth Wagner, bei der öffentlichen Präsentation des Gagern-Nachlasses und des neu erschienenen Inventars im Staatsarchiv Darmstadt.

Das Familienarchiv der Freiherrn von Gagern sei durch seine reichhaltigen Korrespondenzen für die Zeit vom Wiener Kongress bis zur Reichsgründung im 19. Jahrhundert von unschätzbarem Wert, denn es spiegele die Hintergründe politischer Entwicklungen und Entscheidungen im Übergang vom Ständestaat zum Nationalstaat. Außerdem zähle das Archiv zu den wichtigsten Quellenbeständen für die historische Forschung zur deutschen Einheits- und Freiheitsbewegung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. "Überragender Vertreter dieser Bewegung und wohl prominentestes Mitglied der Familie von Gagern war Heinrich von Gagern, ein führender Liberaler des Großherzogtums Hessen-Darmstadt, der als Präsident der ersten deutschen Nationalversammlung 1848 in Frankfurt und als Ministerpräsident der provisorischen Reichszentralgewalt in die Geschichte einging", sagte Ministerin Wagner. Heinrich von Gagern habe sich als gemäßigter Liberaler bereits bei der Heppenheimer Versammlung 1847 gegen die Radikalisierung der revolutionären Bewegung und gegen Forderungen der Demokraten nach der Republik gewandt.
Die Akten des Gagern-Archives dokumentierten nicht nur die hohe Bedeutung der Freiherrn von Gagern für die Politik der europäischen Staaten im 19. Jahrhundert, sondern sie stellten auch wichtige Zeugnisse für die Geschichte einiger deutscher Territorien dar, die heute zum größten Teil im Bundesland Hessen liegen. Somit habe der Nachlass auch enorme landes- und regionalgeschichtliche Bedeutung.

"Das Land Hessen und die Bundesrepublik Deutschland haben das Gagern-Archiv 1997 gemeinsam für 1 Mio. Mark erworben. Es ist für mich eine große Genugtuung, dass es uns vor zwei Jahren gelungen ist, dieses bedeutende Familienarchiv nach der Auflösung der Frankfurter Außenstelle des Bundesarchivs in Hessen zu behalten, und dass die mit modernsten Methoden archivierten Quellenbestände jetzt für Forschungszwecke zur Verfügung stehen", sagte Wissenschaftsministerin Wagner.

Der in 185 Kartons verpackte Aktenbestand ist im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt auf einer Regalfläche von knapp 24 Metern untergebracht. Die Akten wurden verfilmt und können in Zukunft über Mikrofiches benutzt werden. Das Hessische Staatsarchiv Darmstadt hat das überarbeitete und erweiterte Inventar mit Unterstützung der Hessischen Historischen Kommission Darmstadt als Buchband unter dem Titel "Familienarchiv der Freiherrn von Gagern" herausgegeben. Das Inventar ist außerdem via Internet zugänglich - unter den Adressen www.hadis.hessen.de und www.stad.hessen.de.


Das Gagern-Archiv enthält unter anderem Familienpapiere, Korrespondenzen mit wichtigen Persönlichkeiten und amtliche Schriftstücke zur Politik und Kultur des 19. Jahrhunderts. Hervorzuheben sind vor allem die Nachlässe von:

Heinrich Wilhelm August Freiherr von Gagern (geb. 20.8.1799 in Bayreuth, gest. 22.5.1880 in Darmstadt)
Heinrich von Gagern war Präsident der ersten deutschen Nationalversammlung 1848 in Frankfurt. Im gleichen Jahr wurde der hessische Liberale außerdem Ministerpräsident der provisorischen Reichszentralgewalt. Heinrich von Gagern gehörte zu den führenden Liberalen des Großherzogtums Hessen-Darmstadt. Hier trat er zeitweilig an die Spitze der Regierung und engagierte sich viele Jahre als Abgeordneter im Darmstädter Landtag. In den 60er Jahren vertrat er sein Land als Gesandter in Wien, 1872 setzte er sich in Darmstadt zur Ruhe. Besonders bedeutsam sind seine 1815 einsetzenden Briefwechsel, gutachterlichen Stellungnahmen und amtlichen Schriftstücke. Außerdem enthält sein Nachlass Flugblätter, Proklamationen und Redemanuskripte.

Maximilian Joseph Ludwig Freiherr von Gagern (geb. 25.3.1810 in Weilburg, gest. 17.10.1889 in Wien)
Maximilian von Gagern, der Bruder von Heinrich von Gagern, stand mehrere Jahre in herzoglich-nassauischen Diensten, unter anderem als Gesandter am niederländischen und belgischen Hof. Ebenso wie sein Bruder Heinrich war er 1848/1849 Abgeordneter der Nationalversammlung in Frankfurt. Anschließend war er als Ministerialrat im österreichischen Innen- und Außenministerium tätig.

Hans Christoph Ernst Freiherr von Gagern (geb. 25.1.1766 in Kleinniedesheim in der Pfalz, gest. 22.10.1852 in Hornau bei Kelkheim)
Der Vater von Heinrich und Maximilian von Gagern war Abgeordneter im Darmstädter Landtag und zeitweilig Minister und oberster Gerichtspräsident des Herzogtums Nassau.

zurück

SeitenanfangSeitenanfang

 

© Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst