Pressemitteilung Nr. 46 / 2003 vom 17.03.2003

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Ruth Wagner: Äußerungen von Ministerpräsident Koch über Hochschulreformen sind in der Sache falsch

Wissenschaftsministerin befürchtet zunehmende Ökonomisierung statt Liberalität und Autonomie an den Hochschulen

Wiesbaden - Die Hessische Wissenschaftsministerin Ruth Wagner hat die jüngsten Äußerungen von Ministerpräsident Roland Koch zu den Hochschulreformen in Hessen als in der Sache unzutreffend zurückgewiesen. Wagner sagte heute in Wiesbaden: "Die von Koch formulierte Vorstellung, dass Hochschulen möglichst wie Unternehmen funktionieren sollten, zeigt deutlich, dass er Liberalität und Autonomie schlicht mit Ökonomisierung verwechselt. Sollten diese Vorstellungen an den Hochschulen in die Realität umgesetzt werden, ist zu befürchten, dass kleinere, wissenschaftlich ambitionierte Studienfächer künftig keine Überlebenschance mehr haben werden."

Wagner wies darauf hin, dass in Hessen seit dem Jahr 2000 ein umfangreiches, bundesweit hoch angesehenes Reformpaket auf dem Hochschulsektor realisiert worden sei, um die Autonomie und Selbstverantwortung der Hochschulen zu stärken und damit auch ihre Leistungsfähigkeit im nationalen und internationalen Wettbewerb zu verbessern. Das Wissenschaftsministerium habe in Absprache mit dem Koalitionspartner CDU und im Konsens mit den Hochschulen das Hessische Hochschulgesetz novelliert, einen Hochschulpakt zur finanziellen Planungssicherheit der Hochschulen realisiert und Zielvereinbarungen mit allen zwölf Hochschulen des Landes abgeschlossen. Außerdem sei zu Beginn dieses Jahres die leistungsbezogene Mittelzuweisung an den Hochschulen eingeführt worden. In den nächsten Tagen werde sich darüber hinaus eine Expertengruppe konstituieren, die dieses neue Finanzierungsmodell kontinuierlich und konsequent evaluieren werde. "Mit dem hessischen Reformmodell, das ich in den letzten vier Jahren als Wissenschaftsministerin umgesetzt habe, wurde ein Paradigmenwechsel an Hessens Hochschulen eingeleitet, der unter Wissenschaftsexperten allgemeine Anerkennung erfährt. Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und das Centrum für Hochschulentwicklung der Bertelsmann-Stiftung (CHE) zählen die hessischen Reformansätze, die jetzt an den Hochschulen umgesetzt werden, zu den ambitioniertesten in ganz Deutschland", betonte Ministerin Wagner.

Sie habe außerdem geplant, der Modellhochschule TU Darmstadt die Bauherreneigenschaft zu übertragen, um damit auch die Selbstverantwortung der Hochschulen im Baubereich zu erproben. Doch dieses ehrgeizige Vorhaben, das jetzt im nachhinein von Koch gefordert werde, sei in der Vergangenheit am Widerstand von Finanzminister Weimar gescheitert.

Die Äußerung Kochs, das Land müsse seine Pro-Kopf-Mittelzuweisung an die Hochschulen überdenken, weil dies die Fachbereiche dazu verleite, Langzeit- studierende wegen des Geldes zu halten, sei schlicht falsch. "Die hessischen Hochschulen erhalten ihre Mittel auf der Basis eines differenzierten, leistungsfördernden Finanzierungsmodells. Der größte Teil ihrer Budgets errechnet sich nicht nach der Gesamtzahl der Studierenden sondern nach der Zahl der Studierenden in der Regelstudienzeit. Im Rahmen der Zielvereinbarungen hat jede Hochschule mit dem Wissenschaftsministerium ihre Zahl der Studierenden in der Regelstudienzeit vereinbart. Der Rest der Hochschuletats bemißt sich nach Leistungskriterien, Sondertatbeständen und innovativen Vorhaben. Dieses leistungsorientierte Finanzierungsmodell ist darauf angelegt, letztlich die Zahl der Langzeitstudierenden abzubauen. Hochschulen, die sich derzeit Langzeitstudierende leisten, müssen diese selbst finanzieren", so Wagner.

Die Wissenschaftsministerin lehnte die von Koch angekündigte Einführung von Gebühren für Langzeitstudierende ebenso ab wie die Idee der hessischen CDU, die Asten abzuschaffen. "Wir brauchen keine Strafgebühren für Langzeitstudierende sondern Anreize für die Studierenden, ihr Studium so rasch wie möglich abzuschließen. Hier ist das FDP-Modell der Bildungsgutscheine für ein kostenloses Erststudium der bessere Weg", bekräftigte Wagner. Gleichzeitig betonte sie die Legitimität der Asten als unabhängige Studentenvertretung. "Es besteht aus meiner Sicht keinerlei Anlaß, die im Hochschulgesetz verankerten Asten auf den Wunsch einzelner Gruppen hin abzuschaffen", sagte die Wissenschaftsministerin.

Der Ministerpräsident habe ursprünglich angekündigt, dass er mit seiner Regierungsmannschaft weiterhin liberale Elemente politisch umsetzen wolle. "Seine aktuellen Vorschläge für den Hochschulsektor lassen davon leider nichts mehr erkennen", sagte Ministerin Wagner.




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