Pressemitteilung Nr. 176 / 2003 vom 15.12.2003

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Kunstminister macht Landtag Vorschlag zum Erwerb der Kunstschätze des Hauses Erbach

Udo Corts: „Ankauf nur bei nachgewiesener wirtschaftlicher Notlage, um Kulturgüter zu sichern“

Wiesbaden. – Nach Presseveröffentlichungen der vergangenen Tage und ebenso provokanten wie unzutreffenden Äußerungen von Eberhard Erbgraf zu Erbach-Erbach, die seine wirtschaftliche Lage in Zweifel gestellt haben, hat Kunstminister Udo Corts das Haus Erbach aufgefordert, zur Frage der wirtschaftlichen Notlage Stellung zu beziehen. In Vorgesprächen hatte das Haus Erbach gegenüber den Verhandlungspartnern des Landes Hessen begründet dargelegt, sich in einer finanziellen Notlage zu befinden, und den Wunsch geäußert, seine Kunstgegenstände versteigern zu dürfen. Da im Falle einer Insolvenz die Gefahr bestanden hätte, dass die Versteigerung der Kunstsammlung hätte genehmigt werden müssen, sah sich das Land in der Pflicht, die Kunstschätze des Hauses Erbach zu sichern. „Diese wirtschaftliche Notlage hat Eberhard Erbgraf zu Erbach-Erbach in den vergangenen Tagen zur großen Verwunderung der Landesregierung mehrfach öffentlich durch Aussagen („die Finanzprobleme sind überschaubar“) bestritten“, sagte Corts heute in Wiesbaden und fügte hinzu: „Nach diesen Äußerungen muss jetzt eine erneute eingehende und aktualisierte Prüfung der Gesamtsituation durchgeführt werden“. Einen Ankauf, so Corts, könne es nur bei nachgewiesener wirtschaftlicher Notlage zur Sicherung der wertvollen Kulturgüter geben.

Daher schlägt der Kunstminister dem Landtag vor, eine Verpflichtungsermächtigung zum 1.1.2005 im Haushalt 2004 auszubringen, die aus formalen Gründen in Höhe von 13,3 Millionen Euro vorgesehen sein soll. Auf Grundlage einer solchen Verpflichtungserklärung könnten dann im kommenden Jahr weitere Gespräche mit dem Ziel eines detailliert ausgearbeiteten Vertrages geführt werden. Vor Abschluss eines Vertrages würde der Entwurf dem Haushaltsausschuss mit der Bitte um Freigabe vorgelegt.

Da es in den vergangenen Tagen zahlreiche Meldungen gegeben hat, die zu Irritationen gefĂĽhrt haben, ist zudem Folgendes festzuhalten:

1. Ein Vertrag zwischen dem Land Hessen und dem Hause Erbach wurde nicht geschlossen.
2. Seit 1988 hat es unter den verschiedenen Landesregierungen Gespräche über einen möglichen Verkauf der Kunstgegen-stände mit dem Hause Erbach gegeben. Insbesondere unter der letzten Landesregierung haben sich die Gespräche konkretisiert, die dann mit Staatsminister Udo Corts, zum vorläufigen Abschluss gekommen sind. Dieser bestand darin, auf der Grundlage von Absichtserklärungen in konkrete Verhandlungen einzutreten mit dem Ziel, einen detailgenauen Vertrag zu schließen. Dafür war es notwendig geworden, den Landtag in Kenntnis zu setzen, um die erforderliche Bereitstellung von Mitteln zu beantragen.
3. Zu den Absichtserklärungen gehört:
- Kauf der wertvollen Kunstsammlung, die von seltenen Originalen des mittelalterlichen Kunsthandwerks über eine international beachtete Sammlung von Jagdfeuerwaffen bis hin zu einer bedeutenden Antikensammlung reicht. Das Haus der Kunst in München nannte die Sammlung hinsichtlich ihrer Bedeutung „zur Spitzengruppe in Deutschland gehörend“.
- Kauf des Schlosses als Ausstellungsort, um die Sammlung im Odenwald zu erhalten.
- Wohnrecht auf Lebenszeit der Familie Erbach-Erbach im 2. Obergeschoss des Schlosses. Durch das Wohnrecht wurde der Kaufpreis deutlich von dem sogenannten Sachwert ohne Wohnrecht in Höhe von 3,7 Millionen Euro auf 455.000 Euro reduziert.
- Das Auktionshaus Christie’s hatte den Wert der Kunstschätze auf 15,7 Millionen Euro geschätzt. Auf dieser Grundlage bestand die Absicht des Landes Hessen die Kunstsammlung sowie Schloss, Hof und Nebengebäude zu einem Gesamtpreis von 13,3 Millionen Euro zu erwerben.
- Das Land hätte der Familie kein Verfügungsrecht an Haus und Hof mehr zugestanden. Auf Antrag war der Familie jedoch eingeräumt worden, bis zu sechs Mal im Jahr das Schloss für Repräsentationszwecke (Taufe, Hochzeit, Konfirmation) nutzen zu dürfen.
- Das Schloss und die Kunstsammlung sollen der Öffentlichkeit zugänglich bleiben.

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