Pressemitteilung Nr. 113 / 2004 vom 13.07.2004

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Regierungsrunde stimmt Konzept fĂĽr Entwicklung der Hochschulmedizin in Hessen zu

Weitgehende Einigung aller Beteiligten ĂĽber geplante Aufgabenverteilung begrĂĽĂźt

Wiesbaden – Die Regierungsrunde der Hessischen Landesregierung hat am Montagabend ein Konzept für die Strukturentwicklung der hessischen Hochschulmedizin gebilligt. Die drei Standorte der Hochschulmedizin Frankfurt, Gießen und Marburg werden sich in den kommenden zehn bis 15 Jahren zu den Hochschulmedizinischen Zentren Rhein-Main und Mittelhessen entwickeln. Die Regierungsmitglieder begrüßten die weitgehende Einigung aller Beteiligten über die geplante Aufgabenverteilung und Schwerpunktbildung. „Die Landesregierung sieht dringenden Handlungsbedarf, um die Funktionsfähigkeit der hessischen Universitätskliniken in der Krankenversorgung und ein hohes Leistungsniveau in der medizinischen Forschung und Lehre zu gewährleisten“, sagte Wissenschaftsminister Udo Corts heute in Wiesbaden. Staatsekretär Prof. Dr. Joachim-Felix Leonhard, der die Arbeitsgruppe Hochschulmedizin leitet, der Vertreter aller drei Medizinstandorte angehören, hob hervor: „Bei der Neugestaltung der hochschulmedizinischen Landschaft haben wir die einzelnen Fachdisziplinen nicht isoliert betrachtet, sondern fachübergreifende Netzwerke und Schwerpunkte gebildet.“

Die stärkere internationale Konkurrenz bringe mit sich, dass die Anforderungen an technische Ausstattung der Kliniken und Forschung immer höher würden, was entsprechende Kosten verursache. Gleichzeitig werde die Gesundheitsreform zu erheblichen Einnahmeverlusten bei den Universitätskliniken in Deutschland führen, erläuterte der Staatssekretär. „Nach vorsichtigen Schätzungen werden die hessischen Universitätskliniken 25 Prozent ihrer Erlöse in den nächsten drei Jahren verlieren. Prognosen auf nationaler Ebene gehen sogar von bis zu 45 Prozent aus, das würde bedeuten, dass bundesweit etwa ein Drittel der Universitätskliniken schließen müsste“, so Leonhard. Wissenschaftsminister Corts stellte klar: „Die Möglichkeiten des hessischen Landeshaushaltes, aber auch der Bundesfinanzierung lassen auf Dauer nur die Finanzierung von zwei großen hessischen Medizinzentren zu.“.

Deshalb soll es künftig ein Hochschulmedizinisches Zentrum in Mittelhessen an den Standorten Gießen und Marburg sowie ein Hochschulmedizinisches Zentrum in Frankfurt geben. Diese beiden Zentren werden Schwerpunktsetzungen entsprechend ihrer Stärken untereinander vereinbaren. Im mittelhessischen Medizinzentrum bleibt die Beibehaltung von zwei Klinikstandorten und Fachbereichen in Gießen und in Marburg unabdingbare Voraussetzung für die Aufgabenerfüllung in der regionalen Krankenversorgung sowie in Forschung und Lehre.
Die Aufsichtsräte der beiden Universitätskliniken Gießen und Marburg haben sich für die Bildung einer wirtschaftlichen Einheit ausgesprochen und die Klinikumsvorstände beauftragt zusammenzuarbeiten. Die gesetzgeberischen Maßnahmen zur Herstellung der wirtschaftlichen Einheit werden dem Landtag zeitnah vorgelegt werden und spätestens bis 1.1.2006 in Kraft treten. Außerdem haben die Aufsichtsräte bereits Ende Mai eine gemeinsamen Erklärung den jeweiligen Personalräten vorgelegt, nach der betriebsbedingte Kündigungen mindestens bis zum 31.12.2010 ausgeschlossen werden und der inzwischen von den Personalräten in Gießen und Marburg zugestimmt wurde.

Zwischen den Medizinstandorten wurden bereits Schwerpunktbildungen einvernehmlich vereinbart. Dabei stand außer Frage, dass an allen Standorten die Krankenversorgung für die Bevölkerung sichergestellt und der Lehrbedarf durch Austausch von Lehrkräften gedeckt ist.

FĂĽr Spezialisierungen in der Krankenversorgung und Forschung sind beispielsweise folgende Schwerpunktbildungen vorgesehen:

• Die Kinderheilkunde in Gießen wird sich auf Kinderherzchirurgie und Kinderkardiologie spezialisieren, deren überregionale Bedeutung durch die Errichtung eines Deutschen Kinderherztransplantationszentrums verstärkt wird. Die Sanierung der Kinderklinik hat für die Landesregierung höchste Priorität – ebenso wie das bereits geplante Biomedizinische Forschungszentrum.

• In Gießen sollen Arbeitsmedizin, Rechtsmedizin, Transfusionsmedizin, Rheumatologie, Pädiatrische Hämatologie und Onkologie sowie Unfallchirurgie konzentriert, der Standort Marburg aber mitversorgt werden.

• Marburg wird sich auf Strahlentherapie, Hämatoonkologie, Nephologie, Neonatologie, Kinderchirurgie und Orthopädie konzentrieren, wobei die Zusammenarbeit mit Gießen sichergestellt wird.

• In der Augenheilkunde werden komplementäre Schwerpunkte an allen drei medizinischen Standorten gebildet.

• Das Hochschulmedizinische Zentrum Rhein-Main um die Universitätsklinik Frankfurt tritt verstärkt in die Kooperation mit der „Frankfurter Klinik-Allianz“ und auch mit Fachpraxen ein, zum Beispiel in der Diagnostik der Nuklearmedizin. Die stationäre Therapie der Nuklearmedizin soll in Frankfurt und Marburg konzentriert werden.

• Die theoretische Ausbildung in nichtärztlichen Fachberufen (z.B. Hebammen, Krankenpflege, MTA) werden in Marburg mit einem zusätzlichen Sitz in Gießen konzentriert.
Noch offen ist die Verteilung der Humangenetik, Labormedizin und Zahnmedizin, die aber noch in diesem Jahr geklärt werden soll.

Der Wissenschaftsrat, dem Vertreter von Bund und Ländern sowie hochrangige Wissenschaftler und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens angehören, wird zu den bereits getroffenen Entscheidungen um eine Stellungnahme gebeten.

Zugleich fordert die Landesregierung den Vorstand des Klinikums Gießen, die Universität Gießen und den Magistrat der Stadt Gießen auf, sich von privaten Anbietern Angebote zur beabsichtigten Übernahme der Universitätsklinik kurzfristig darstellen zu lassen. Sollten diese Gremien bis zum 1.10.2004 das Land Hessen auffordern, eine Veräußerung des Uniklinikums Gießen vertieft zu verfolgen, könnte dies zu detaillierten Gesprächen mit den Anbietern und ggf. zu einer öffentlichen Ausschreibung des Universitätsklinikums führen.

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