Pressemitteilung Nr. 77 / 2005 vom 25.05.2005

zurück

Vorverhandlungen zum Kauf des Schlosses Erbach abgeschlossen

Kunstminister Udo Corts: Einzigartiges Kulturensemble in Hessen halten

Wiesbaden – Das Land Hessen wird das Schloss Erbach mit seinen Sammlungen kaufen und damit das einzigartige Kulturensemble für die Region sichern. „Das hätten wir uns doch nie verziehen, wenn dieser Schatz in alle Winde verstreut worden wäre“, sagte der Hessische Minister für Wissenschaft und Kunst, Udo Corts. Dieses Risiko wäre man eingegangen, hätte das Land nicht gehandelt. Denn obwohl das Familieneigentum Rechtsfolgen des „Fideikommiss“ unterliegt, hätte bei nachgewiesener finanzieller Notlage des Eigentümers ein Verkauf der wertvollen Sammlungen nicht ausgeschlossen werden können.

Die Geschichte des Erbacher Adelssitzes geht bis in das 12. Jahrhundert zurück. Zunächst eine Wasserburg, wurde der Sitz 1532 Residenz der Grafen zu Erbach-Erbach, die ihr Stammschloss bis heute halten konnten. In den frühen achtziger Jahren schon zeichnete sich ab, dass das Haus Erbach den Unterhalt für das Schloss aus den Erträgen der Waldwirtschaft kaum noch aufbringen konnte – die Familie wandte sich damals bereits mit Verkaufsangeboten an die Landesregierung unter Ministerpräsident Holger Börner und in den folgenden Jahren auch immer wieder an das Land.

1997 und 1998 wurden die Verhandlungen angesichts der sich verschärfenden Situation intensiviert und Gutachten bei Christie’s (1997 und 1998) zum Wert der Sammlungen in Auftrag gegeben. Diese Verhandlungen wurden unter der neuen Landesregierung nach 1999 fortgeführt. Es erfolgten Wertfeststellungen durch „Douglas“ und das Staatsbauamt Darmstadt. Inzwischen sind die Sammlungen inventarisiert und der Wert aller Teile des Gesamtensembles ermittelt. Der aktuelle Wert der Sammlungen liegt bei rund 13,7 Millionen Euro, das Land wird sie für 12,2 Millionen Euro kaufen können.

Das Schloss selbst hat durch seine historische Bauentwicklung über einen Zeitraum von fast 900 Jahren ganz unbestritten einen hohen kunsthistorischen Wert. Der materielle Wert einschließlich des Grundstücks wird auf gut vier Millionen Euro geschätzt. Nach Abzug von bevorstehenden Bauunterhaltungsarbeiten und dem Wohnungseigentum des Grafen im 2. Obergeschoss des Schlosses bleibt ein Wert von gut 1,6 Millionen Euro, angeboten ist es dem Land für 1,055 Millionen Euro. Dem Erbgrafen wird die Möglichkeit eingeräumt, Schlossräume und den Balkon des Landes bei Traditionsanlässen und Familienfesten bis zu sechsmal jährlich zu nutzen.

Sammlungen und Schloss sind in ihrem jetzigen Zustand für das kulturelle Gesamterscheinungsbild des Landes, für die Dokumentation seiner Geschichte und die Identität der Region sowie für den Kulturstaat Deutschland insgesamt von größter Bedeutung. Gleichzeitig sind sie ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor für die Entwicklung der Region. Für den Odenwald ist das Schloss mit seinen Sammlungen von ähnlich hoher Bedeutung, wie etwa für den Kasseler Raum das Ensemble Schloss Wilhelmshöhe und die Kasseler Kunst- und Kultursammlungen.

Nach Auffassung der Experten des Landesmuseums Darmstadt ist die Bedeutung des Erbacher Ensembles herausragend und in Deutschland einzigartig. Eine vergleichbare Sammlung wurde einst zum Grundstock des Nationalmuseums Nürnberg! Die vor rund 200 Jahren angelegte museale Präsentation der Ausstellungsstücke, für die das Erbacher Schloss eigens umgebaut wurde, ist fast unverändert bis heute erhalten geblieben und damit ein originales Zeugnis der Museumsidee des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Prunkstücke der Sammlungen sind der Schöllenbacher und der Zeller Altar, die Einhardskapelle und die Büste Alexanders des Großen, die in der römischen Villa Hadrians ausgegraben wurde.

Ziel des Erwerbs von Sammlungen und Schloss Erbach ist deshalb die Bewahrung dieses bedeutendsten historischen Erbes der hessischen Odenwaldregion fĂĽr das Land Hessen.

Eine „Betriebsgesellschaft Schloss Erbach“ wird das Museum künftig verwalten. Die Stadt Erbach und der Odenwald-Kreis (die Odenwald-Regional Gesellschaft mbH „OREG“), sorgen für den laufenden Betrieb des Museums, das Land setzt Schloss und Sammlungen in Stand und gibt zur Bauunterhaltung und der konservatorischen Betreuung durch das Landesmuseum Darmstadt einen jährlichen Zuschuss.

zurück

SeitenanfangSeitenanfang

 

© Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst