Pressemitteilung Nr. 99 / 2005 vom 10.06.2005

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Fach Judaistik wird durch Verlagerung an Universität Marburg gestärkt

Wissenschaftsminister Udo Corts: Vorwurf der Geschichtsblindheit zeugt von Informationsblindheit der Kritiker

Wiesbaden – „Das Fach Judaistik wird durch die geplante Verlagerung von der Universität Frankfurt zur Universität Marburg nicht abgeschafft, sondern vielmehr im dort entstehenden Verbund des Zentrums für Orientforschung gestärkt.“ Das hat der Hessische Minister für Wissenschaft und Kunst, Udo Corts, im Hinblick auf die gegenwärtige Diskussion über die Neuordnung der kleineren Fächer hervorgehoben. Der Minister hatte den mit den Universitätspräsidenten abgestimmten Vorschlag des Landes für die Entwicklung von neuen geisteswissenschaftlichen Zentren am 25. Mai präsentiert. „Der jetzt erhobene Vorwurf der Geschichtsblindheit zeugt allenfalls von Informationsblindheit der Kritiker“, sagte Corts heute in Wiesbaden.

Gerade einmal 29 Studierende belegen zurzeit in Frankfurt Judaistik im Hauptfach, im Nebenfach sind es 16. In vergangenen acht Semestern seit 2001 hat es hier drei Hauptfach- und drei Nebenfachabsolventen gegeben. Durch den über fünf Jahre mit jeweils 2,2 Millionen Euro unterstützten Aufbau regionalwissenschaftlicher Zentren – Ostasienstudien in Frankfurt, Osteuropaforschung in Gießen und eben Orientforschung in Marburg – soll nicht nur das Überleben der kleineren Fächer in Zeiten knappen Geldes gesichert werden, sondern diese Fächer sollen auch stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden. „Ich will nicht warten, bis mir die Anträge auf Einstellung der Studiengänge in den Regionalfächern vorgelegt werden“, sagte Corts. Er wies auch darauf hin, dass das neue Marburger Zentrum für Orientforschung nach München und Tübingen mit bis zu neun Professoren in verschiedenen Disziplinen das drittgrößte in Deutschland sein wird. Auch in München und Tübingen ist das eher philologisch orientierte Fach Judaistik bei den Orientwissenschaften angesiedelt.

Sowohl Minister Corts als auch die Präsidenten der Universitäten Frankfurt, Gießen und Marburg sehen in dem Konzept eine einmalige Chance zur Stärkung der kleineren Fächer. Wiederholt hat auch der Konstanzer Philosoph Professor Jürgen Mittelstraß, der die internationale Expertenkommission „Wissenschaftsland Bayern 2020“ leitet, darauf hingewiesen, dass die Geisteswissenschaften nur dann eine Zukunft haben, wenn „sie selbst, in ihrer Wahrnehmung der Welt und in ihren Antworten, den einmal eingeschlagenen Weg der Partikularisierung geisteswissenschaftlicher Orientierung wieder verlassen und eine transdisziplinäre Optik einnehmen“. Dazu gehört auch der Aufbau neuer organisatorischer Strukturen wie etwa geisteswissenschaftlicher Zentren.

Der Präsident der Goethe-Universität, Rudolf Steinberg, weist darauf hin, dass auch nach Abgabe der Professur für Judaistik die Erforschung jüdischer Religion und Geschichte ein Schwerpunkt in Frankfurt bleibe. Das zeigt sich, so Steinberg, etwa in der Tatsache, dass die Finanzierung der bisher von der evangelischen Kirche getragenen, religionswissenschaftlichen Martin-Buber-Stiftungsprofessur nun vom Land Hessen und der Goethe-Universität übernommen wird. Außerdem hat die Universität in Absprache mit dem Stiftungsrat des Fritz-Bauer-Instituts, dem Ministers Corts vorsitzt, die Einrichtung einer neuen Professur zur Erforschung des Holocaust im Fachbereich Philosophie und Geschichtswissenschaften beschlossen. Damit soll auch in Zukunft die enge personelle Verknüpfung zwischen einer Professur der Universität und der Leitung des Fritz-Bauer-Instituts sichergestellt werden.

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