Pressemitteilung Nr. 211 / 2005 vom 09.12.2005

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Regionalwissenschaftliche Zentren fĂŒr Frankfurt, Gießen und Marburg

Minister Corts stellt 14 Millionen Euro fĂŒr Umstrukturierung der kleineren geisteswissenschaftlichen FĂ€cher an den UniversitĂ€ten zur VerfĂŒgung

Wiesbaden – An den UniversitĂ€ten Frankfurt, Gießen und Marburg sollen von 2006 an regionalwissenschaftliche Zentren entstehen. Das hat der Hessische Minister fĂŒr Wissenschaft und Kunst, Udo Corts, zusammen mit den drei Hochschulen beschlossen. Das Land wird den Aufbau eines Zentrums fĂŒr Ostasienstudien an der UniversitĂ€t Frankfurt, eines Zentrums fĂŒr Osteuropaforschung in Gießen und eines Zentrums fĂŒr Orientforschung in Marburg in den nĂ€chsten fĂŒnf Jahren mit zusammen 14 Millionen Euro unterstĂŒtzen. „Dass ein Bundesland soviel Geld fĂŒr die Umstrukturierung von UniversitĂ€tsfĂ€chern zur VerfĂŒgung stellt, ist in Deutschland einmalig“, sagte Corts. Ausgangspunkt des Konzepts, das der Minister gemeinsam mit den PrĂ€sidenten Prof. Dr. Rudolf Steinberg (Frankfurt), Prof. Dr. Stefan Hormuth (Gießen) und VizeprĂ€sident Dr. Herbert Claas (Marburg) in Wiesbaden vorstellte, war die Frage, wie die Zukunft der in ihrer Existenz bedrohten kleineren geisteswissenschaftlichen FĂ€cher in Zeiten knappen Geldes garantiert werden kann.

Schon heute gibt es Asienwissenschaft mit Japanologie, Sinologie, Koreanistik und SĂŒdostasienwissenschaften in Frankfurt, Slawistik und osteuropĂ€ische Geschichte in Gießen sowie Orientwissenschaft und Semitistik in Marburg. Die leistungsbezogene Budgetierung mit ihrer starken Orientierung an Studentenzahlen hat jedoch an den UniversitĂ€ten zu Überlegungen gefĂŒhrt, StudiengĂ€nge in solchen kleineren geisteswissenschaftlichen FĂ€chern einzustellen, weil sie als nicht „refinanzierbar“ angesehen werden. So war 1998 in Marburg die Ägyptologie geschlossen worden; Anfang dieses Jahres gab es wieder konkrete SchließungsplĂ€ne an den UniversitĂ€ten. Dagegen hatte schon 1995 die vom Wissenschaftsministerium eingesetzte Hochschulstrukturkommission des Landes Hessen die Bildung geisteswissenschaftlicher Zentren empfohlen. In den neuen regionalwissenschaftlichen Zentren sollen diese FĂ€cher nun so ausgebaut werden, dass sie neben der traditionellen BeschĂ€ftigung mit Literatur und Sprache des jeweiligen Landes die genannten Regionen in einem wesentlich grĂ¶ĂŸeren Rahmen erforschen, ergĂ€nzt nĂ€mlich durch Wirtschaftswissenschaft, Politik und Rechtswissenschaften.

„Durch die breitere und aktuellere Basis wollen wir die FĂ€cher fĂŒr Studierende wesentlich attraktiver machen“, sagte Corts. Das Land reagiere so auf tief greifende VerĂ€nderungen im Zeitalter der Globalisierung: „Es wird fĂŒr Studenten immer wichtiger, politische und wirtschaftliche Entwicklungen in diesen Regionen zu studieren und sie in eine Berufsperspektive einzubeziehen.“

„Die vorhandenen Wissenschaften bleiben alle in Hessen erhalten“, hob Corts hervor, „sie werden an einzelnen Standorten gebĂŒndelt und ausgebaut.“ DafĂŒr stellt das Land fĂŒnf Jahre lang den drei UniversitĂ€ten pro Jahr 2,8 Millionen Euro zur VerfĂŒgung. „Die Hochschulen ihrerseits haben einen ebenso schwierigen und ambitionierten Part ĂŒbernommen“ fĂŒgte der Minister hinzu. So mĂŒssen durch die Zentrenbildung bestehende StudiengĂ€nge und Stellen verlagert werden. Corts bat die nach dem Hessischen Beamtengesetz dafĂŒr zustĂ€ndigen UniversitĂ€ten, die notwendigen Versetzungen in die Wege zu leiten: „Sie haben dafĂŒr meine volle UnterstĂŒtzung.“

„Den Lehrenden wird ein neues Forschungsfeld geboten, in das sie ihr exzellentes Fachwissen und ihr Forschungsinteresse einbringen können. Sie bekommen die Gelegenheit, fĂŒr die Entwicklung ihres Fachs in einem Umfang tĂ€tig zu werden, der ihnen bisher nicht zur VerfĂŒgung stand“, fuhr der Minister fort. Das Land erwarte aber auch Angebote neuer StudiengĂ€nge, die den Studenten neue BeschĂ€ftigungsperspektiven bieten. „FĂŒr die Wissenschaftler besteht in der Organisation regionalwissenschaftlicher Zentren nicht zuletzt die Chance, sich verstĂ€rkt dem nationalen und dem internationalen Austausch zuzuwenden.“

In Frankfurt entsteht ein Internationales Zentrum fĂŒr Ostasienforschung mit 22 Stellen. Die Zahl der Professuren wird von drei auf neun erhöht. Vergleichbare Einrichtungen gibt es an den UniversitĂ€ten Heidelberg und MĂŒnchen sowie an der Freien UniversitĂ€t Berlin, grĂ¶ĂŸere nur in Bochum mit zwölf und TĂŒbingen mit zehn Professuren. In Gießen wird ein Zentrum fĂŒr Osteuropaforschung mit 22 Stellen aufgebaut. Die Zahl der Professuren steigt von vier auf neun. Einzig die Freie UniversitĂ€t Berlin hat ein vergleichbares Zentrum mit sechs Professuren. Das Gießener Zentrum wird mit dem international ausgerichteten Herder-Institut kooperieren, das auf dem Gebiet der historischen Erforschung Ost- und Mitteleuropas hohes Ansehen genießt und seit vielen Jahren von Bund und LĂ€ndern gemeinsam finanziert wird. In Marburg entsteht ein Zentrum fĂŒr den Nahen und Mittleren Osten mit 20 Stellen. Die Zahl der Professuren wird von zwei auf sieben erhöht. Vergleichbare Zentren gibt es in Bamberg, Mainz und Leipzig. GrĂ¶ĂŸer sind nur MĂŒnchen (20 Professuren), TĂŒbingen (14) und Heidelberg (8).

Die genannten anderen deutschen UniversitĂ€ten haben den jeweiligen Umfang erst ĂŒber einen lĂ€ngeren Zeitraum hinweg aufgebaut; wĂ€hrend mit den regionalwissenschaftlichen Zentren in Hessen ein Start gesichert wird, der die UniversitĂ€ten Frankfurt, Gießen und Marburg von Anfang an in eine hervorragende Position bringt. Diese Startchancen werden noch weiter verbessert, indem den UniversitĂ€ten bis 2010 darĂŒber hinaus die Kosten vergĂŒtet werden, welche die kleineren geisteswissenschaftlichen FĂ€cher zur Zeit tatsĂ€chlich verursachen.

Die PrĂ€sidien der drei Hochschulen haben mit Zustimmung der jeweiligen Senate das Konzept gebilligt. Die verabredete Zentrenbildung wird in die Zielvereinbarungen aufgenommen, die fĂŒr die Jahre 2006 bis 2010 mit den UniversitĂ€ten abgeschlossen werden. Es ist vorgesehen, nach vier Jahren den Wissenschaftsrat um eine Evaluierung der Zentren zu bitten.


Professuren in den regionalwissenschaftlichen Zentren (PDF-Dokument, 75 kb)

Zentrenbildung in den geisteswissenschaftlichen FĂ€chern an den UniversitĂ€ten Frankfurt, Gießen und Marburg (PDF-Dokument, 85 kb)

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