Pressemitteilung Nr. 53 / 2006 vom 10.04.2006

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„Studiengebühren bei sozialverträglicher Regelung auch in Hessen möglich“

Gutachten des Berliner Hochschulprofessors Dr. Christian Graf Pestalozza liegt vor

Wiesbaden – Eine Einführung von Studiengebühren stünde im Einklang mit der Hessischen Landesverfassung, wenn sie sozialverträglich geregelt ist. Zu diesem Ergebnis kommt der Berliner Jurist Prof. Dr. Christian Graf Pestalozza, Inhaber des Lehrstuhls für Staats- und Verwaltungsrecht an der Freien Universität Berlin, in seinem Gutachten über „Landesverfassungsrechtliche Fragen eines Hochschulgeldes in Hessen“. Die Hessische Landesregierung hatte die Studie in Auftrag gegeben, um zu klären, ob ein solches Entgelt mit Artikel 59 der am 1. Dezember 1946 in Kraft getretenen Landesverfassung vereinbar wäre.

Der „Unterrichtsgeldfreiheit“ überschriebene Artikel 59 hat folgenden Wortlaut: „(1) In allen öffentlichen Grund-, Mittel-, höheren und Hochschulen ist der Unterricht unentgeltlich. Unentgeltlich sind auch die Lernmittel mit Ausnahme der an den Hochschulen gebrauchten. Das Gesetz muss vorsehen, dass für begabte Kinder sozial Schwächergestellter Erziehungsbeihilfen zu leisten sind. Es kann anordnen, dass ein angemessenes Schulgeld zu zahlen ist, wenn die wirtschaftliche Lage des Schülers, seiner Eltern oder der sonst Unterhaltspflichtigen es gestattet. (2) Der Zugang zu den Mittel-, höheren und Hochschulen ist nur von der Eignung des Schülers abhängig zu machen.“

Das 63 Seiten umfassende Gutachten kommt zu dem Schluss, dass Studiengebühren in Verbindung mit einem ohne Bonitätsprüfung zu gewährenden Darlehen bei Rückzahlung in Abhängigkeit vom späteren Einkommen möglich wären. Die Rückzahlung richtete sich also nicht nach der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage eines Studierenden, sondern nach der künftigen Situation des Darlehensnehmers („wenn die wirtschaftliche Lage … es gestattet“). Der Intention der Verfassung, dass dem Studierwilligen bei seiner Entscheidung zum Studium jedenfalls nicht seine wirtschaftliche Lage im Wege steht, wäre damit ausreichend Geltung verschafft.

Aufgrund des Gesetzesvorbehalts in Artikel 59 müsste die Einführung von Studiengebühren durch ein Gesetz erfolgen, das die wesentlichen Regelungen enthält. Einzelheiten, wie zum Beispiel die Ausgestaltung von Darlehensbedingungen könnten durch Rechtsverordnung geregelt werden.

Die benachbarten Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen haben die Einführung von Studiengebühren beschlossen. Der Hessische Minister für Wissenschaft und Kunst, Udo Corts, kündigte an, dass die Landesregierung über das Thema Studiengebühren im Mai beraten und entscheiden werde.

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