Pressemitteilung Nr. 66 / 2006 vom 05.05.2006

zurück

Beiträge kommen den Hochschulen und damit den Studierenden zugute

Corts: Einführung zum Wintersemester 2007/2008 – Soziale Aspekte berücksichtigt

Wiesbaden – An den Hochschulen des Landes sollen vom Wintersemester 2007/2008 an erstmals allgemeine Studienbeiträge von 500 Euro je Semester eingeführt werden. Diesen Beschluss des Landeskabinetts hat der Hessische Minister für Wissenschaft und Kunst, Udo Corts, heute bekannt gegeben. Die Studienbeiträge kommen den Hochschulen zugute, und zwar zusätzlich zur staatlichen Finanzierung, die in ihrem Volumen durch den Hochschulpakt bis einschließlich 2010 festgeschrieben ist. Sie werden zu einer Erhöhung der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel um rund zehn Prozent führen. „Die nur so mögliche erhebliche Steigerung der Qualität der Lehre, insbesondere der Betreuungsintensität, setzt die Hochschulen des Landes in die Lage, ihre gute Position im nationalen und internationalen Wettbewerb nicht nur zu erhalten, sondern weiter zu verbessern“, hob Corts hervor.
Der Minister wies außerdem darauf hin, dass in mehreren Bundesländern – darunter mit Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen die größten und bevölkerungsreichsten Nachbarländer Hessens – die Einführung von allgemeinen Studienbeiträgen durch entsprechende Gesetze oder Gesetzentwürfe vorbereitet wird. Eine dadurch womöglich entstehende Sogwirkung würde die Kapazitäten der hessischen Hochschulen übersteigen.
Das Land wendet für seine fünf Universitäten, fünf Fachhochschulen und zwei Kunsthochschulen zur Zeit laut Hochschulpakt 2006 rund 1,2 Milliarden Euro auf. Allgemeine Studiengebühren von 500 Euro je Semester bringen den Instituten darüber hinaus schätzungsweise folgende Netto-Mehreinnahmen: Technische Universität Darmstadt 14 Millionen, Universität Frankfurt 28,6 Millionen, Universität Gießen 18 Millionen, Universität Kassel 13,5 Millionen, Universität Marburg 15,75 Millionen, Hochschule Darmstadt 8,9 Millionen, Fachhochschule Frankfurt 7,2 Millionen, Fachhochschule Fulda 3,8 Millionen, Fachhochschule Gießen-Friedberg 7,8 Millionen, Fachhochschule Wiesbaden 7 Millionen, Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt 585.000 Euro, Hochschule für Gestaltung Offenbach 513.000 Euro.
„Durch entsprechende Regelungen wird gewährleistet, dass niemand aus wirtschaftlichen Gründen an der Aufnahme des Studiums oder an seinem erfolgreichen Abschluss gehindert wird“, hob Corts hervor. Der von ihm vorgelegte Gesetzentwurf sieht deshalb vor, dass Studierenden ein Darlehensanspruch eingeräumt wird, und zwar unabhängig vom gewählten Studiengang, ohne Sicherheiten leisten zu müssen und ohne Bonitätsprüfung.
Die Rückzahlung dieses Darlehens, das durch einen Studienfonds gesichert und dadurch zinsgünstig zur Verfügung gestellt wird, muss erst zwei Jahre nach Beendigung des Studiums und nur bei Überschreiten bestimmter Einkommensgrenzen erfolgen. Für Studierende, die während des Studiums Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten haben und sowohl dieses Darlehen als auch das Darlehen zur Finanzierung der Studienbeiträge zurückzahlen müssen, gilt eine Kappungsgrenze von 17.000 Euro. Berücksichtigt wird auch die besondere Lage von Studierenden, die durch Kindererziehung finanziell und zeitlich stärker belastet sind als andere, sowie von behinderten oder zwischenzeitlich schwer erkrankten Studierenden. Das Darlehen kann grundsätzlich für die Dauer der Regelstudienzeit zuzüglich weiterer vier Semester sowie für konsekutive Masterstudiengänge in Anspruch genommen werden. „Damit schaffen wir für jeden, der eine Hochschulzugangsberechtigung hat, die finanzielle Grundlage für die Aufnahme eines Studiums, und dies völlig unabhängig von der eigenen wirtschaftlichen Lage oder derjenigen der Eltern“, stellte Corts klar.
Durch die Beteiligung der Studierenden an den Kosten ihrer Ausbildung wird im Übrigen auch eine Gerechtigkeitslücke geschlossen. Denn für viele nicht akademische Ausbildungsberufe müssen die Absolventen längst Entgelte zahlen. Das gilt beispielsweise an privaten Fachschulen oder im Handwerk, wo für die Qualifizierung zum Meister in der Regel fünfstellige Beträge aufzuwenden sind.
Gegenwärtig bezahlt der überwiegende Bevölkerungsteil der Nichtakademiker über die Steuern das Studium von Akademikern, die dann später ein höheres Einkommen erzielen können. Gleichzeitig finanzieren einkommensschwächere Familien, aus denen immer noch zu wenige Kinder studieren, das Studium der Kinder aus einkommensstärkeren Familien. Die Gesamtkosten aus Steuermitteln betragen zum Beispiel für ein Studium in den Sozialwissenschaften rund 25.000 Euro, in den Ingenieurwissenschaften an den Universitäten rund 80.000 Euro und in Medizin und Zahnmedizin rund 150.000 Euro. „Studienbeiträge stellen mithin eine anteilige Mitfinanzierung der tatsächlichen Kosten dar“, sagte der Minister. „Die im Durchschnitt höheren Einkommen von Akademikern und ihre statistisch signifikant geringere Arbeitslosigkeit rechtfertigen es, Beiträge für die Inanspruchnahme der Leistungen der Hochschulen zu erheben.“
Im Hinblick auf die Hochschulen verwies Corts auf die besonderen Herausforderungen, die sich in den nächsten Jahren sowohl durch den zu erwartenden Anstieg der Studierendenzahlen ergäben als auch durch die erhöhten Anforderungen an Effizienz und Effektivität des Studiums. Die unter dem Stichwort „Bologna-Prozess“ bekannte Umstellung der Studienabschlüsse auf internationale akademische Grade (Bachelor/Master) und die damit verbundene Modularisierung der Studiengänge könne durch die zusätzlichen Mittel aus Studienbeiträgen erheblich gefördert werden. „Diese ,Drittmittel für die Lehre’ kommen den Studierenden selbst unmittelbar zugute: Durch verkürzte Studienzeiten und verringerte Abbruchquoten werden im Ergebnis die individuellen Aufwendungen reduziert, die während eines Studiums überwiegend bedingt durch die Lebenshaltungskosten zu erbringen sind.“
Bei der Einführung eines allgemeinen Studienbeitrags ist der Gesetzgeber an Artikel 59 der Hessischen Verfassung vom 1. Dezember 1946 gebunden, wonach das Studium an den Hochschulen des Landes „unentgeltlich“ ist. Satz 4 dieses Artikels ermächtigt ihn aber ausdrücklich, ein angemessenes Entgelt einzuführen. „wenn die wirtschaftliche Lage des Schülers, seiner Eltern oder der sonst Unterhaltspflichtigen es gestattet“. Die rechtlichen Rahmenbedingungen hatte der Jurist Prof. Dr. Christian Graf Pestalozza, Inhaber des Lehrstuhls für Staats- und Verwaltungsrecht an der Freien Universität Berlin, in seinem von der Landesregierung in Auftrag gegebenen Gutachten über „Landesverfassungsrechtliche Fragen eines Hochschulgeldes in Hessen“ geklärt.
Zum Thema Studienbeiträge gibt es auch eine Broschüre, die auf den Internet-Seiten des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst unter der Adresse www.hmwk.hessen.de zugänglich ist.

zurück

SeitenanfangSeitenanfang

 

© Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst